Hamburg. Der Hamburger Schauspieler und Sänger Gustav Peter Wöhler feiert den 22. Geburtstag seiner Band in der Laeiszhalle. Eine Begegnung.

Er wird „König der Nebenrollen“ genannt, kennt nahezu jede deutsche Theaterbühne und ist gefühlt wöchentlich in Serien, Kino- und Fernsehfilmen, zuletzt in „Die Geschichte der Menschheit – leicht gekürzt“, zu erleben. Gustav Peter Wöhler (66) ist ein Mann mit Charakter, ein Mann mit Gesicht.

Aber die größte Leidenschaft des in Eickum bei Herford aufgewachsenen und in Hamburg und Berlin lebenden Schauspielers ist die Musik. Seit 22 Jahren lebt er sie mit der Gustav Peter Wöhler Band aus, die, obwohl sie seinen Namen trägt, eine Menge mitzureden hat, wie Wöhler beim Treffen im Hotel Atlantic vor seinem Konzert am 5. Dezember in der Laeiszhalle erzählt.

Hamburger Abendblatt: Herr Wöhler, um gleich mal das Eis zu brechen: Ich dachte immer, Klaus Lage Band wäre der uncoolste Bandname, den es gibt. Dann kam die Gustav Peter Wöhler Band. Klingt nicht gerade nach Rock’n’Roll.

Gustav Peter Wöhler: Das war eine kurzfristige Notlösung damals, als wir eine spontane Anfrage aus Weimar bekamen. Das war ein Abend in der Kantine des Schauspielhauses, der hieß: „Wenn Gustav singt“. Ich fand das zu nichtssagend. Und da mein Name durch Theater, Film und Fernsehen bekannt war, war Gustav Peter Wöhler & Band naheliegend. Meine lieben Kollegen Jan Josef Liefers & Radio Doria und Axel Prahl & Das Inselorchester machen das ja genau so.

Sänger Sasha erzählte kürzlich bei seiner Show in der Laeiszhalle, wie er auf die Frage antwortet, wie er zur Musik gekommen ist: „Mit dem Fahrrad“. Wie sieht es bei Ihnen aus? Beim Discoabend „Rock auf der Tenne“ bei Bauer Brünger in Eickum?

Wöhler: Nein, aber bei Bauer Brünger habe ich zur 850-Jahrfeier meines Heimatdorfes gesungen ganz am Anfang. Bei mir ist Musik das hauptsächliche Lebenselixier. Ich habe sehr früh an der Musikbox in der Gaststätte meiner Eltern geklebt, später kam das Radio dazu, und eine Freundin in der Nachbarschaft war die erste mit Beatles-Platten. Die Initialzündung war aber Alan Banks mit seiner Sendung „Nightflight“ auf dem britischen Soldatensender BFBS. So lernte ich Joni Mitchell kennen, Nick Drake, Neil Young. Mein einziger Impuls war nur noch, selbst zu singen.

Ein Instrument kam nicht infrage?

Wöhler: Klavier hätte ich gern gelernt. In der Gaststätte stand eins, dass meine Eltern aber verkauft haben, als ich vier Jahre alt war, weil sie das Geld brauchten. Und Unterricht war auch zu teuer. Aber ich bin ja jetzt 66 und Rentner, vielleicht fange ich jetzt damit an.

Gab es eine Zeit in ihrem Leben, besonders seit die Schauspielerei im Fokus stand, in der Musik keine Rolle in ihrem Leben gespielt hat?

Wöhler: Nein. Ich habe zum Beispiel einmal Mist gebaut, da war ich hier frisch am Schauspielhaus unter Niels-Peter Rudolph, da gab es eine Band mit Leuten von der Hamburg Blues Band, die immer Sessions im Logo veranstaltet hat. Da bin ich mal hingegangen und habe auf der Bühne gesungen, und daraus wurde ein ganz kurzes Gastspiel, das hieß „Gustav und die Musterschüler“. Und da ich mich ohne Monitorboxen auf der Bühne nicht hören konnte, habe ich mir die Lunge aus dem Hals geschrien – und hatte am nächsten Tag eine Vorstellung. Aber keine Stimme mehr. Ich kriegte entsprechend einen auf den Deckel und habe das Singen erstmal eine Zeit lang zurückgestuft.

Die Gustav Peter Wöhler Band ist und bleibt eine reine Coverband?

Wöhler: Ja, das darf ich sagen. Aber meine Band kriegt bei dem Begriff Aussatz. Denn sie arrangiert die Lieder – viele davon weitgehend unbekannt – immer so um, dass sie sich neu anhören. Jeder darf Songs einbringen, und wir entscheiden demokratisch, ob sie ins Programm kommen. Wenn sich drei für „Message In A Bottle“ entscheiden und ich sage „nee“… müssen wir das machen. Aber für das Jubiläumsprogramm haben wir die Sachen aus 22 Jahren herausgesucht, die uns allen am meisten Spaß gemacht haben: „Your Song“, „She’s Always A Woman“, „Red Red Wine“, „Moon Shadow“.

Welcher Song steht ganz oben auf Ihrer Wunschliste, scheitert aber an der bandinternen Geschmackspolizei?

Wöhler: Nicht lachen: „Back For Good” von Take That. Genialer Song. Aber schwierig allein zu singen. Meine Jungs sind fantastische Sänger – aber sie mögen das Lied nicht.

Gibt es besondere Anekdoten aus 22 Jahren Bandgeschichte? Verwüstete Hotelzimmer, verkackte Auftritte, Skandale?

Wöhler: Ich habe mir früher immer das Hemd aufgerissen und mein Brusthaar präsentiert, oder bei „I Feel Good“ auf dem Boden herumgerobbt und Überschlag gemacht. Das kann ich alles nicht mehr. Aber ich habe ein neues Knie, bin also wieder etwas agiler. Aber ich war nie besoffen auf der Bühne, obwohl es in den frühen Jahren schon manchmal dazu eingeladen hat. Räume, wo entgegen der Versprechen keine Anlage war oder die Bühne so klein, dass mir ständig der Mikroständer ins Publikum fiel. Aber das Schöne ist: Wir können damit umgehen, denn wir nehmen Fehler ernst, aber nicht wichtig.

Ist die Rolle des Sängers Ihre Lieblingsrolle – oder überhaupt keine Rolle?

Wöhler: Das ist keine Rolle, ganz und gar nicht. Das bin ganz und gar ich selbst. Mein Lieblingsleben. Ich bin zwar auch froh über gute Theater oder Filmrollen wie demnächst in der „Dreigroschenoper“ im St. Pauli Theater. Aber Musik ist meine größte Leidenschaft, da gehen bei mir sofort alle Knöpfe auf. Obwohl mein Gespür für Moderation und Entertainment sich natürlich von der Schauspiel- auf die Musikbühne überträgt.

Man nennt Sie nicht selten den „König der Nebenrollen“. Könnte man sagen, als Schauspieler sind Sie Bassist?

Wöhler: Nein, als Schauspieler bin ich Backgroundsänger. Ohne mich geht es nicht. Ich musste mal unter Peter Zadek 20 Minuten mit einem zwölfarmigen Kerzenständer auf der Bühne stehen. Und die Leute sagten danach, sie hätten nur auf mich geschaut und gewartet, bis mir das Ding runterfällt oder ich mir die Hand verbrenne. Ich kann senden, ich kann viel machen mit wenig.

Gibt es ein Lied der Klaus Lage Band, dass sie gern singen würden? „Faust auf Faust“, „1000 und 1 Nacht“?

Wöhler: Ich erzähle Ihnen jetzt mal was: Wir haben nach dem Auftritt damals im Logo einen Anruf bekommen von einem Musikmanager, der meinte: „Du, es gibt da viele Lieder von Klaus Lage, die er geschrieben hat, aber selber nicht singt. Wir fänden es toll, wenn du die singen würden“. Und dann haben die mir die Lieder geschickt – und die waren alle grottig. Das Angebot habe ich dankend abgel… oh Moment! Moment! Die waren gar nicht von Klaus Lage, die waren von Heinz Rudolf Kunze!

Gustav Peter Wöhler Band Mo 5.12., 20.00, Laeiszhalle (U Gänsemarkt) Johannes-Brahms-Platz, Karten ab 57,50 im Vorverkauf; www.gustavpeterwoehler.de