Hamburg. Die schräge neue Mix-Show „Schmidts Winterglitzer“ mit dem Travestie-Comedian zündet in Nick Breidenbachs Regie erst im zweiten Teil.
„Pompös“ lautete der Titel des großen Winterspektakels, das in den Jahren bis 2019 viermal in der Vorweihnachtszeit mit den tanzenden Sängerinnen Les Trois Pompadoures über die Bühne und bis in die Gänge des Schmidts Tivoli ging. Dort hatte erst am Dienstag die Weihnachtsversion des Musical-Dauerbrenners „Heiße Ecke“ Premiere. Und so hat „Pompös“-Regisseur Nik Breidenbach für das Schmidt Theater nun den neuen „Schmidts Winterglitzer“ kreiert.
Theater: „Schmidts Winterglitzer“ mit Elke Winter
Ein großes Kiez-Loft, gebaut von den Ausstattern Heiko de Boer und Martin Hartmann, dient diesmal als Kulisse für gleich 13 Mitwirkende. Hausherrin und Comedy-Queen Elke Winter, noch aus „Pompös“-Zeiten bekannt, hat zur schräg-bunten Party geladen, der singende Schauspieler Breidenbach („Der letzte Ritt nach San Fernando“) gibt den Co-Gastgeber.
Er muss sich Winters Anspielungen auf seine Bühnenpartnerin („Die olle Fortenbacher hättest du ja auch noch mitbringen können...“) ebenso gefallen lassen wie der wahre Hausherr, der abwesende Corny Littmann (70). „Der steckt gerade sehr tief in Verhandlungen“, frotzelt Winter über den Schmidt-Chef, der in Brasilien derzeit ein Schwulen-Hotel plant.
Das Niveau der Winter’schen Gags pendelt im zweiten Teil weiter an der Gürtellinie
In Winters feines Bühnen-Loch am Spielbudenplatz kommt bei der Show-Mischung aus Comedy, Artistik und Livemusik schon jetzt Bewegung – und zwar koordiniert. Ein Verdienst von Bart De Clercq: Der Choreograf hat in „Schmidts Winterglitzer“ außer vier Tänzerinnen und Tänzer die fünf beteiligten Akrobaten sowie die beiden Drag-Queens Cilit Bäng und Adia Rocher gekonnt um die beiden Gastgeber geschart. Dennoch zündet die Show inklusive Weihnachts-Medley zunächst nicht besonders, abgesehen nur von der spektakulären Strapaten-Nummer der Cirque-du-Soleil-erprobten Luftartistin Trueden aus Kanada.
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Das Niveau der Winter’schen Gags pendelt im zweiten Teil weiter an der Gürtellinie, immerhin hat Elkes Eigenlob bösen Charme. Laut einer Umfrage sei sie Deutschlands zweitbekannteste Travestie-Künstlerin, „hinter meiner Freundin Olivia Jones, aber vor Claudia Roth, die sich ja immer mit Erdtönen schminkt.“ Und mit ihrer Version von Pinks Song „Raise Your Glass“ lassen Elke Winter und das Ensemble das Stimmungsbarometer auch bei den nicht beschwipsten Premierengästen steigen.
Glanz im zweiten Teil der Show
Dazu passt die prickelnde Champagner-Turm-Show des Handstand-Akrobaten Mirko Köckenberger. Der Berliner balanciert auf einer wachsenden wackeligen Pyramide aus Flaschen, Gläsern und Brettern – für ihn eine Deutschland-Premiere, für viele der atemberaubende Show-Höhepunkt. Auch das weibliche Duo Sienna interpretiert am Chinesischen Mast die Pole-Akrobatik auf moderne Art und Weise kraftvoll und elegant neu.
Obwohl die Show noch etwas mehr Tempo vertragen könnte, bekommt „Schmidts Winterglitzer“ im zweiten Teil sogar Glanz. Elke Winter hat ihren anfangs goldenen Glitzeranzug da bereits mehrmals gegen Kostüme (von Viktoria Hase und Frank Kuder) getauscht, Nik Breidenbach seine hellblauen und orangefarbenen Großer-Junge-Strampler schließlich gegen einen schicken roten Anzug gewechselt.
Die Zugabe, Breidenbachs Cover-Version von Matt Simons melodischem 2014er-Hit „Catch And Release“, mit der eingängigen Zeile „Da da dam da da da dam“ und neuem deutschen Text ist als „Der Weg“ ein gelungener Rausschmeißer: Nacheinander verabschiedet der Regisseur alle Beteiligten in den großen Wandschrank mit Zeigerwerk. Im Bühnen-Loft vom Schmidt gehen die Uhren eben auch in diesem Winter ohne „Pompös“ zu sein etwas anders – und das noch bis Ende Januar.
„Schmidts Winterglitzer“ bis 28.1. 2023, Mi + So, jew. 19.00, Do 19.30, Fr/Sa, 20.00, Schmidt Theater (U St. Pauli), Spielbudenplatz 24/25, Karten ab 32,90: T. 31 77 88 99; www.tivoli.de