Hamburg. Das Michael Wollny Trio ließ es in der Laeiszhalle kräftig spuken. Jazz- und Klassik-Klassiker war nicht wiederzuerkennen.

Zerfledert wirkende weiße Stoffbahnen hängen von hohen Gerüsten auf der Laeiszhallenbühne, das kalte bläuliche Licht der hinter ihnen verborgenen Neonröhren verströmt eine unwirkliche Atmosphäre – und passt damit perfekt zu „Ghosts“, dem aktuellen Album des Michael Wollny Trios.

Mit Bassist Tim Lefebvre und Schlagzeuger Eric Schaefer ist der Pianist, der mit Mitte 40 immer noch ein wenig wie ein Schuljunge wirkt, nach Hamburg gekommen, um die neuen Nummern vorzustellen, die sämtlich eine unbestimmte Aura des Unbehaglichen umgibt.

Michael Wollny Trio: Opener wirkt seltsam fahl

Schon der Opener „I Loves You Porgy“ (eigentlich eine ganz zugängliche Gershwin-Komposition) wirkt seltsam fahl und leitet über zur nicht minder bemerkenswerten Version von Alban Bergs „Schließe mir die Augen beide“. In diesem Duktus geht vor gut gefülltem Haus umstandslos weiter. Duke Ellingtons „In A Sentimental Mood“ ist selbst für Jazzexperten kaum zu erkennen, ebenso abenteuerlich: Schuberts „Erlkönig“.

Mal lässt Wollny die Finger wie im Rausch über die Tasten flitzen, setzt auch schon mal den Ellenbogen ein oder greift beherzt in die Klaviersaiten, während Lefebvre am Kontrabass die pulsierenden Grundierung liefert und Schaefer am Schlagzeug auf die Überholspur geht. Auf Momente der Raserei folgen bisweilen fast süßliche Melodien, angereichert mit allerlei Geknarre und Geschleife, was tatsächlich Assoziationen an durch hohe Burgzimmer wandelnde Gespenster and anderes Übersinnliches weckt.

Michael Wollny Trio: Spannungslevel durchgehend hoch

Die Spannungslevel ist jedenfalls durchgehend hoch, weil sich nie absehen lässt, was als nächstes kommt. Großer Jubel und mit dem ruhigen „Little Person“ dann doch eine letzte Zugabe, die den Puls nach all den Adrenalinkicks wieder auf Normalniveau bringt. Auch schön.