Hamburg. Die ziemlich finsteren Metalbands Watain, Tribulation und Bölzer gaben kurzfristig ein Konzert im restlos ausverkauften Headcrash.
War das Tierblut auf der Bühne ein Problem? Oder der eher schleppende Kartenverkauf? In der Hamburger Metalszene kursierten jedenfalls viele Gerüchte, als das berüchtigte schwedische Black-Metal-Kommando Watain per Facebook und Instagram bekanntgab, das geplante Konzert in der Markthalle sei kurzfristig abgesagt worden. Offizielle Version von Veranstalter und Markthalle: „produktionstechnische Gründe“ – das kann vieles heißen.
Doch einfach so die Segel streichen, kam für Watain und ihre Tourmitstreiter Abbath, Tribulation und Bölzer nicht in Frage, die vier Bands sahen sich nach einer Alternative um und wurden kurzfristig beim Headcrash auf dem Hamburger Berg fündig.
Metal-Konzert auf dem Hamburger Berg: akustisches Gemetzel
Ein Last-Minute-Angebot, das die Black-Metal-Gemeinde elektrisiert, wie sich am frühen Dienstagabend zeigt: Mehr als 100 Meter lang ist die Schlange vor dem Headcrash-Eingang in direkter Nachbarschaft zum „Goldenen Handschuh“ und „Elbschlosskeller“. Mancher befürchtet schon, gar nicht mehr hineinzukommen – und auch die Tatsache, dass Abbath ihren Auftritt wegen einer Erkrankung des Schlagzeugers absagen muss, trübt die Vorfreude auf das akustische Gemetzel kaum.
Schnell am opulent ausgestatteten Merchandise-Stand ein Tour-Shirt (25 Euro) oder eine signierte LP (30 Euro) abgreifen, dann rein in den proppenvollen Saal und sich vom Schweizer Duo Bölzer anwärmen lassen. Doch was auf Platte noch ganz ordentlich funktioniert, wird im Headcrash zur ziemlich zähen, dumpfen Angelegenheit. Ein 08/15-Sound-Mulch ohne echten Druck: langweilig.
Metal-Konzert in Hamburg: Watain mit blutverschmierten Gesichtern
Ganz anders danach Tribulation. Die Schweden, die bleich wie lebende Wasserleichen das Loblied auf die Unterwelt und seine finsteren Horrorgestalten singen (eher: brüllen), sind Meister der Melodie und haben den Groove im (vermutlich schwarzen) Blut. Da kann die Düsternis noch so sehr aus jeder Textzeile dringen: Tribulaton ist einfach eine Gothic-Death-Metal-Partyband – entsprechend laut der Jubel.
Punkt 21.30 Uhr schließlich der Höhepunkt des Abends: Das Tor zur Hölle (beziehungsweise zum Backstagebereich des Headcrash) öffnet sich und heraus kommt Sänger Erik Danielsson mit brennender Fackel. Weiß geschminkt, die Gesichter tierblutverschmiert, die Haare wirr, das Outfit an die „Herr der Ringe“-Orks erinnernd, sorgen die Schweden für ein wahnwitziges Riff-Dauerfeuer von der ersten bis zur letzten Minute.
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Für Außenstehende muss das wie ein Klassentreffen des aktuellen Psychopathen-Jahrgangs wirken, tatsächlich ist es vor allem eine grandiose und absolut perfekte Show. Weil der Club an diesem Abend so klein ist, hält sich die sonst übliche Pyro-Parade in Grenzen, aber schon die flackende Kerosinfunzel am Bühnenrand reicht aus, um den Sauerstoff aus dem Saal zu saugen. Ein Konzert als Ganzkörpererlebnis, Reizhusten inklusive. Mehr geht nicht. Ein schon jetzt legendärer Abend.