Hamburg. Die Veranstaltung in der Elbphilharmonie mit Lesung und Volksliedern gab einen Einblick in die Seele der Ukraine.

„Es ist der 198. Tag des russischen Angriffskriegs. Und es ist nicht der letzte.“ So eröffnet Iryna Tybinka, Generalkonsulin der Ukraine, das Benefizkonzert am Sonnabend in der Elbphilharmonie, bei dem auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zu Gast ist.

Die Veranstaltung soll ein Zeichen der Verbundenheit mit der Ukraine setzen und ihrer Sprache und Musik Gesicht und Stimme geben. Vereinzelt schmücken blau-gelbe Bekundungen das Publikum. In den Gängen, auf den Treppen und in den Rängen sind viele Konversationen in ukrainischer Sprache zu hören.

Elbphilharmonie: Bewegender Abend für die Ukraine – mit Iris Berben

Musikalisch weisen ukrainische Volkslieder den Weg. Die Melodien werden mit all der Tiefe und Schwere, die sie verlangen, gespielt und gesungen und durchschreiten den Widerstreit zwischen Ausbrüchen und Dissonanzen, die Bilder des Krieges, der Gewalt und Trauer aufrufen, um doch in lyrischer Hoffnung zu verklingen.

Auch die Ideengeberin des Abends, Olena Kushpler am Klavier, interpretiert Kompositionen ihrer Heimat. Die fremden Harmonien berühren nicht weniger als Altbekanntes. Bei all dem muss man die Sprache nicht sprechen, um zu verstehen, dass dieser Krieg noch nicht vorüber ist und dass mit ihm ein ganzes Volk und seine Kultur leidet.

Elbphilharmonie: Konzert als Aufruf, der Ukraine zuzuhören

Iris Berben liest Gedichte von Lina Kostenko, in deren Worte sich Unabhängigkeit und Widerstand spiegeln. Den Zeilen des ukrainischen Schriftstellers Serhiy Zhadan leiht Burghart Klaußner seine Stimme, die das Publikum vollkommen einnehmen.

Barbara Auer liest in unmittelbarer Übersetzung, gemeinsam mit der Dichterin Lyuba Yakimchuk. Sie schreibt von Aprikosen im Donbass, von Zerstörung und Rückkehr. In ihren Versen über den Krieg verdichten sich Anklage und Schmerz. Juri Andruchowytsch, einer der bedeutendsten intellektuellen und literarischen Stimmen seines Landes, findet zum Abschluss klare und eindringliche Worte. „Es wäre nicht schlecht zu lernen, der Ukraine zuzuhören.“

Am Ende stehen alle Künstlerinnen und Künstler auf der Bühne und stimmen die ukrainische Hymne an. Das Karol Szymanowski Quartet setzt ein, das Publikum erhebt sich, viele Ukrainer singen mit – sie alle werden ihre Stimme nicht verlieren.