Hamburg. Lautstarke Proteste vor der Elbphilharmonie, wo Anna Netrebko am Mittwochabend ein Konzert im Großen Saal gab.

Ein Kästchen, um Konzertkarten zu entsorgen – statt sie zu benutzen. Das hat es an der Elbphilharmonie noch nie gegeben. „Don’t support Netrebko“, rufen etwa drei Dutzend Demonstrantinnen und Demonstranten vor dem Konzerthaus am Mittwochabend, eine Stunde bevor die russische Star-Sopranistin im Großen Saal auftreten soll. Viele von ihnen haben ukrainische Fahnen dabei, einige halten Pappschilder in die Höhe mit Slogans wie „Diese Konzertkarten finanzieren den Tod unserer Kinder“, „Netrebko ist Unterstützerin von Putins Politik“ oder „Z-Kunst“, wobei das „Z“ das Symbol für den russischen Angriffskrieg ist. Die Protestierenden sind friedlich, aber sie sind laut und lassen keinen Zweifel an ihrer Haltung.

Protest vor der Elbphilharmonie gegen das Netrebko-Konzert

Anna Netrebko im zweiten Abendkleid des Abends beim Schlussapplaus in der Elbphilharmonie.
Anna Netrebko im zweiten Abendkleid des Abends beim Schlussapplaus in der Elbphilharmonie. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services
Vor der Elbphilharmonie gab es eine Demonstration gegen den Auftritt von Anna Netrebko.
Vor der Elbphilharmonie gab es eine Demonstration gegen den Auftritt von Anna Netrebko. © Marcelo Hernandez
Demonstranten zeigen die ukrainische Flagge vor der Elbphilharmonie.
Demonstranten zeigen die ukrainische Flagge vor der Elbphilharmonie. © Marcelo Hernandez
Eine Demonstrantin vor der Elbphilharmonie hat sich mit blutähnlicher Farbe beschmiert:
Eine Demonstrantin vor der Elbphilharmonie hat sich mit blutähnlicher Farbe beschmiert: "Z-Kunst" steht auf ihrem Schild. © Marcelo Hernandez
Die russische Künstlerin Anna Netrebko wird von den Demonstranten stark kritisiert: Sie protestieren gegen ihr Konzert am Mittwochabend.
Die russische Künstlerin Anna Netrebko wird von den Demonstranten stark kritisiert: Sie protestieren gegen ihr Konzert am Mittwochabend. © Marcelo Hernandez
"Netrebko supports terror-russia" – also "Netrebko unterstützt Terror-Russland" steht auf dem Schild der Demonstrantin. © Marcelo Hernandez
Die junge Frau protestiert gegen das Konzert der russischen Künstlerin Anna Netrebko in der Elbphilharmonie:
Die junge Frau protestiert gegen das Konzert der russischen Künstlerin Anna Netrebko in der Elbphilharmonie: "Setzen Sie ein Zeichen gegen Krieg in Ukraine und entsorgen Sie Ihre Ticket hier." © Marcelo Hernandez
Die Demonstranten haben sich vor der Elbphilharmonie versammelt, um deutlich zu machen, dass sie gegen das Konzert von Anna Netrebko in der Elbphilharmonie am Mittwochabend  sind.
Die Demonstranten haben sich vor der Elbphilharmonie versammelt, um deutlich zu machen, dass sie gegen das Konzert von Anna Netrebko in der Elbphilharmonie am Mittwochabend sind. © Marcelo Hernandez
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Elbphilharmonie: Besuchende wollen Kunst und Politik voneinander trennen

Manche der zu diesem Zeitpunkt ankommenden Besucherinnen und Besucher sind irritiert, manche reagieren mit Abwehr, viele haben es sehr eilig an den Demonstrierenden vorbei in die Tube und damit außer Hör- und Sehweite zu gelangen. „Es wird nicht die Kunst sein, es wird nicht Anna Netrebko sein, die diesen Krieg entscheidet“, sagt ein Karteninhaber-Paar aus Bamberg. Kunst und Politik wolle man voneinander trennen. Hartwig Königsberg aus Berlin erklärt, klar auf der Seite der Ukraine zu stehen, doch habe Anna Netrebko sich seiner Ansicht nach deutlich positioniert. Dass Künstler in Russland grundsätzlich eine gewisse Nähe zum System haben, sei in einer Autokratie nicht zu vermeiden.

Elbphilharmonie: Netrebko war eine Nähe zu Wladimir Putin vorgeworfen worden

Ob Anna Netrebko die Proteste direkt mitbekommt, ist unklar, ihre Vorfreude auf das Konzert war aber offensichtlich groß.: Auf Instagram postete sie schon Mittwochmittag ein Foto, das sie und ihre Mezzosopran-Kollegin Elena Zhidkova an der Binnenalster zeigt, im Hintergrund das Hamburger Rathaus. Sie freue sich auf das anstehende Konzert in der Elbphilharmonie, schrieb sie dazu – umrahmt von Sternchen-in-den-Augen-Emoji und blauem Herz.

Bereits am Tag zuvor hatte Netrebkos Ehemann Yusif Eyvazov auf seinem Instagram-Kanal einen Hamburg-Schnappschuss mit Gattin abgesetzt. Ein ganz normales Konzert also, wenn auch zu nicht ganz normalen Preisen (bis zu 440 Euro wurden verlangt)? Angesichts des Kriegs gegen die Ukraine natürlich nicht, war Anna Netrebko doch in den vergangenen Monaten eine Nähe zu Wladimir Putin vorgeworfen worden und überzeugte ihre erst verhältnismäßig spät deutlich geäußerte Ablehnung des Krieges nicht jeden.

Elbphilharmonie: Auch Kultursenator Brosda kritisiert Netrebko

Auch Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda hatte im März im Abendblatt-Interview erklärt: „Ich glaube nicht, dass es gut wäre, wenn dieses Konzert stattfindet“, Elbphilharmonie-Intendant Christoph Lieben-Seutter gab zu Protokoll, er werde an diesem Abend „eher nicht“ im Saal sitzen.