Hamburg. Eidinger überzeugt mit unberechenbarem Charakter als exaltierter junger Schriftsteller im Kinofilm „Die Zeit, die wir teilen“.

Ein Leben in Erinnerungen, die sich überlagern und aneinander reiben wie Eisschollen: Da war die erste große Liebe im Leben von Joan Verra (Isabelle Huppert), Doug, ein Taschendieb aus Irland (Éanna Hardwicke). Sie mochte die fließenden Bewegungen, mit denen er den Menschen Brieftaschen und Armbanduhren entwand, sie verehrte seine Chuzpe, die ihr aber auch das Herz brach und sie ins Gefängnis schickte.

Sie ließ ihn nie wissen, dass aus der Beziehung ein Kind hervorging, ihr geliebter Sohn Nathan. In zwei Lebensaltern geistert er durch ihre Tagträume (Swann Arlaud und Dimitri Doré), mal anlehnungsbedürftig, mal streng, autark und zurückweisend.

Kinokritik: Joan wurde eine erfolgreiche Verlegerin

Dann ist da die Geschichte ihrer Eltern. Als Joan noch ein Kind war, verliebte sich die Mutter in ihren Karatelehrer, trug plötzlich Geisha-Kostüme, verließ die Familie und ging nach Japan. Dort entwickelte sie sich zu einer angesehenen Bonsai-Züchterin, bis ihre Beziehung zerbrach und sie nach Frankreich zurückkehrte. Erst nach ihrem Tod erfährt Joan davon, die in der Wohnung der Mutter ein tristes Museum der Einsamkeit vorfindet.

Mit diesem Mosaik aus Lebenssplittern sieht sich Joan, aus der im gereiften Alter eine erfolgreiche Verlegerin geworden ist, konfrontiert, als sie zufällig dem gealterten Doug (Stanley Townsend) wiederbegegnet. Isabelle Huppert versteht es meisterhaft, die Panzerungen einer Frau sichtbar zu machen. Doch es gibt Risse in dieser Härte, durch die das Licht hindurchscheinen kann.

Kinokritik: Lars Eidinger spielt Schriftsteller Tim

Joans Beruf bringt den regelmäßigen Kontakt mit dem Schriftsteller Tim (Lars Eidinger) mit sich. Ein exaltierter, unberechenbarer Charakter, aber auch der einzige Halt in einem Leben, das ihr zu entgleiten droht. Laurent Larivières stiller, poetischer Film „Die Zeit, die wir teilen“ findet in dieser Amour fou sein Kraftzentrum, seine Versöhnlichkeit.

„Die Zeit, die wir teilen“, 101 min., läuft im Zeise, in der Koralle und im Elbe-Kino