Hamburg. Felix Löwys Neuinszenierung des 80er-Erfolgs überzeugt im First Stage mit mitreißenden Choreografien, Kostümen, Licht und Live-Band.
Wer in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre musikalisch halbwegs up to date sein wollte, kam im Kino an den drei großen „F“ des Tanzfilms nicht vorbei: „Fame“, „Flashdance“ und „Footloose“. Alle drei spielten als Musicals in den vergangenen vier Jahren in Hamburg: „Flashdance“ nur einige Tage als Tournee-Produktion im großen Mehr! Theater am Großmarkt, die anderen beiden Stücke zweimal wochenlang im First Stage.
Und das hat Gründe, wie Felix Löwys Neu-Inszenierung von „Footloose – Das Musical 2022“ zeigt. Der (Jung-)Regisseur (32), der in Altona-Altstadt 2019 schon „Fame“ bei zwei Auflagen zum großen Erfolg geführt hatte, zieht nach der von Corona beschränkten ausverkauften ersten Auflage im Vorjahr nun alle Register. Mehr lässt sich in einem modernen, knapp 300 Menschen fassenden Theater nicht bieten, als das, was Löwy und Choreograf Phil Kempster mit den 24 (!) Mitwirkenden auf, neben und über die Bühne zaubern. Die mobile, fantasievolle Kulisse wechselt ebenso so oft und schnell wie die bunten, teils schrillen 80er-Jahre-Kostüme.
Musical-Kritik: In Bomont herrscht Tanzverbot
Aus der lauten und quirligen Metropole Chicago kommt der junge Ren (Jan Großfeld) mit seiner Mutter (Juliane Elisabeth Neu) in die US-Kleinstadt Bomont. In dem konservativen Kaff hat der strenge Reverend Moore das Sagen, predigt gegen die Sünden, hasst Rock ’n’ Roll und Alkohol und wacht über das seit mehr als 100 Jahren in der Stadt geltende Tanzverbot – die Handlung basiert auf einer wahren Geschichte. Als sich der rebellische Ren an der Highschool ausgerechnet in die Pfarrerstochter Ariel (Lisa Wissert) verguckt, sind Spannung(en) und emotionale Konflikte programmiert. Es knistert, es rockt, es lodert beim Kampf um mehr persönliche Freiheit.
Jan Großfeld, der als Ren den für die Deutschland-Premiere von „Moulin Rouge“ in Köln engagierten Riccardo Greco ersetzt, muss sich erst mal finden, singt und tanzt sich aber bis zum „Wunderland“-Duett mit Lisa Wissert mehr und mehr frei. Sie wärmt die Herzen bei ihrer Wahl zwischen Ren und dem Bad Boy Chuck (typgerecht gut: Luka Maksim Klais). Inmitten der aufbegehrenden Jugend erweisen sich Florian Soyka (als vom Unfalltod seines Sohnes psychisch verletzter Reverend und Vater Ariels) und Femke Soetenga in der Rolle der Ehefrau als ruhende und anrührende Pole im Ensemble. Das besteht aus versierten externen Bühnenprofis wie ihnen sowie aus baldigen und ehemaligen Absolventen der Stage School.
Ein irres Drei-Sterne-Feuerwerk mit Sternchen
Komödiantisch, gesanglich und tänzerisch eine Wucht sind die Ex- und Noch-Azubis Lena-Sophie Pudenz und Aliosha Jorge Ungur. Pudenz hält als Ariels Freundin Dusty das von der Regie mehrmals geschickt szenisch unterbrochene Lied „Jemand schaut zu“ am Laufen. Und mit anfangs drei Kolleginnen, dann fast mit dem gesamten Ensemble verwandelt sie zu „Holding Out For A Hero“ - auch dieser Bonnie-Tyler-Song gehört zum Original-Soundtrack – ein American Diner kurzerhand in ein Dance-Lokal mit sexy Kostümen, Leuchtröhren-Choreografien und funkensprühenden Fontänen.
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Ein irres Drei-Sterne-Feuerwerk mit Sternchen, bei dem das Premieren-Publikum bereits im ersten Akt komplett ausrastet. Im zweiten tut es das noch weitere Male: Etwa, wenn Pudenz „Let’s Hear It For The Boy“ singt und der schlaksige Ungur, der äußerlich an den jungen Barack Obama erinnert, als Rens Freund Willard richtig tanzen lernt. Beim Titel „Mama sagt“ erwärmt er zudem die Herzen der Mütter.
Musical-Kritik: „Footloose“ passt in das kleine Theater
All das live begleitet von einer formidablen vierköpfigen Band um den musikalischen Leiter Johannes Hierluksch, welche die meiste Zeit aus einer Wohnung oberhalb des Technik-Pults spielt. Denn für die Combo hatte weder der ehemalige First-Stage-Geschäftsführer Thomas Gehle noch sein Nachfolger Dennis Schulze einen Platz auf der Bühne gefunden. So aber passt „Footloose“ in Hamburg als großes Musical auch in dieses kleine Theater.
„Footloose – Das Musical 2022“ bis 15.10. außer Di, jew. 19.30 (Sa/So auch 15.00), First Stage Theater (Bus 16, 112), Thedestr. 15, Karten ab 35,-: www.footloose-hamburg.de