Bremen. In Hamburgs Nachbarstadt sind Lässigkeit, Euphorie und musikalische Qualität zu beobachten – an neun Spielstätten.
Am Ende geben sie noch mal richtig Gas. „Arabesca Romanesca“ heißt die letzte Nummer des Babylon Orchestra. Bandleader Mischa Tangian und seine Mitstreiter legen mit der ultraschnellen Balkan-Jazz-Nummer ein furioses Finale zur Eröffnung des Musikfestes Bremen hin. An neun Spielstätten rund um den Bremer Marktplatz geht das Spektakel mit dem Titel „Eine große Nachtmusik“ über die Bühnen. Die bunte Truppe aus Berlin mit Musikern aus dem Iran, Syrien, Israel und einem weiteren Dutzend Ländern ist eines der beteiligten Ensembles.
Es ist sommerlich warm, die musikbegeisterten Bremer flanieren zwischen der historischen Kulisse von Rathaus, Dom und Schnoor zu den Spielorten, zwischendrin gönnt man sich ein Bier oder einen Aperol an den weißen Gastro-Zelten. Die Atmosphäre draußen ist entspannt, in den Konzerten wird sie oft euphorisch angesichts der musikalischen Qualität, die das Musikfest-Team auch in diesem Jahr zusammengestellt hat.
Konzertkritik: Ravels „La Valse“ klingt düster
Die Begeisterung für das Babylon Orchestra, bei dem die Musiker so ungewöhnliche Instrumente wie Kamantsche, eine gestrichen gespielte Stachelgeige, oder eine dem Hackbrett ähnliche Santoor benutzen, ist groß und zeigt die Offenheit des Publikums für Musik aus anderen Kulturen. Das Programm ist vielfältig und auch spektakulär wie beim Auftritt des Bergen Philharmonic Orchestra unter Dirigent Edward Gardner.
Auf der Bühne der Glocke sitzen die fast 100 Musiker so dicht beieinander, dass da kaum ein weiterer Stuhl hinpassen würde.Düster und bombastisch gleichermaßen klingt Ravels „La Valse“, von den Norwegern mit Verve gespielt. Vikingur Ólafsson, Solist mit Griegs Klavierkonzert op.16, erntet für sein virtuoses Spiel sogar lautes Getrampel mit den Füßen. Zarter sind die Lieder aus der Renaissance die von der Cappella Mariana unter dem Titel „Caravaggios Reise“ vorgetragen werden. Der Beifall ist auch hier überwältigend.
Musikfest dehnt sich bis ins Eimsland aus
Es sind nicht nur die Ensembles und Orchester, die zur Qualität dieses bis zum 10. September dauernden Festivals beitragen. Orte wie der riesige St. Petri Dom, die obere Halle im Rathaus oder die drei Innenhöfe von Landesbank, Landgericht und Atlantic Grand Hotel prägen das Musikfest und machen es zu einem Ereignis, das weit über die Grenzen der Hansestadt hinausstrahlt.
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Bis ins Emsland, nach Ostfriesland, bis nach Verden und Bremerhaven hat sich das 1989 gegründete Musikfest ausgedehnt. Auch in diesem Jahr steht der Orgelbauer Arp Schnitger wieder im Fokus. Fünf Konzerte in Kirchen zwischen Ganderkesee und Osterholz-Scharmbeck gehören ebenso zum Programm wie ein Jazzabend im Forum Alte Werft in Papenburg oder ein Konzert mit Renaissance-Musik im Dom zu Verden.
Konzertkritik: Schlusspunkt läuft auf dem Marktplatz
Der Schlusspunkt läuft wie der Auftakt wieder auf dem Marktplatz. Am 10. September wird sich der Ausnahme-Trommler Martin Grubinger mit seiner „ultimativen Percussion Show“ von seinen Bremer Fans verabschieden, weil er sich aus dem Konzertbetrieb zurückzieht. Getrommelt wird unter freiem Himmel, sicher bei Sonnenschein, denn das Musikfest hat seit Jahren Glück mit dem Wetter.