Hamburg. Das Concertgebouworkest Young und die Geigerin Isabelle Faust waren im Sommerprogramm der Elbphilharmonie zu Gast.
Ein kleines Wort extra nur, aber ein riesiger Unterschied: Nicht das reguläre Amsterdamer Fünf-Sterne-Orchester, sondern die beeindruckend selbstbewusst auftretende Nachwuchsförderungs-Abteilung „Concertgebouw Young“ war es, die am Wochenende für ein Gastspiel in die Elbphilharmonie kam.
Höchstbegabte, handverlesene 14- bis 17-Jährige aus etlichen Ländern, mit einem Sortiment, das das Rad nicht neu erfand, aber auch nicht als harmloser Kinderkram abzuheften wäre: Beethovens Violinkonzert und Dvoraks „Aus der Neuen Welt“ als Show-Größen – man kann es sich durchaus einfacher machen. Mit solchen Schwergewichten signalisiert man dem Publikum und sich selbst in Großbuchstaben: Wir schonen uns nicht. Doch woran sonst, wenn nicht an anstrengenden Herausforderungen, soll man wachsen.
Elbphilharmonie: Isabelle Faust nahm geradezu liebevoll Rücksicht
Diesen Ehrgeiz hatte das Orchester eindeutig; als Tuttipädagoge am Dirigentenpult sollte Gustavo Gimeno – als Ex-Concertgebouw-Schlagzeuger eine nahe liegende Wahl – für die Erfolgsmomente sorgen. Gimeno war es wohl auch gewesen, der die Klangschichtungs-Etüde „Himnica“ des jungen Spaniers Fransicso Coll als Avantgarde-Einstieg aufs Programm gesetzt hatte. Oberflächlich gehört attraktiv, aber ohne nachhaltigere Wirkung, weil dort zu wenig außer dem Vorführen von Farbnuancen und -verläufen passiert.
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Das Beethoven-Konzert verlangte schon ganz andere Aufmerksamkeit und Detailbeachtung. Mit Isabelle Faust stand dem Orchester eine Solistin zur Seite, die geradezu liebevoll Rücksicht auf ihr noch im Werden befindliches Tutti nahm, anstatt sich egozentrisch als Star-Gast begleiten und bedienen zu lassen, frei nach dem Motto: Frag nicht, was dein Orchester für dich tun kann, frag lieber, was du für dein Orchester tun kannst.
Faust blieb also zielstrebig und konsequent in der Spur, um vorzuführen, wie kooperativ man ein Solo-Konzert wie dieses in ein Rampenlicht stellen kann, das alle gut aussehen lässt. Reibung, Spannung, Spaß am spontanen Risikokontakt – all das fiel deswegen eine Nummer kleiner aus als womöglich möglich, zumal Faust ohnehin nicht zu den exaltiertesten Geigerinnen zählt.
Elbphilharmonie: Stehender Beifall für den Fünf-Sterne-Orchester-Nachwuchs
Bei Dvoraks Neunter war das Orchester unter sich, und Gimeno stand als Dirigent nicht auf der Spaß-Bremse, im Gegenteil. Die Tempi waren durchgängig sportlich, die Akzente knackig und die Bläser-Soli, insbesondere das Englisch Horn, gelangen. Schade nur, dass im Eifer des Gespielten die Feinabstimmung der Instrumentengruppen nicht ausbalanciert genug war: Das Holz war meistens zu leise, die Hörner (wer mag es ihnen übel nehmen, bei der Kulisse...) dagegen waren tendenziell zu laut. Andererseits: Auf dieser Bühne sind schon ganz andere bei der Balance in leichtes Trudeln geraten.
Riesenbegeisterung am Ende, stehender Beifall (sicher auch von der einen oder anderen angereisten, stolzen Verwandtschaft), doch es blieb der Eindruck, bei einer gut einstudierten Abschlussprüfung dabei gewesen zu sein und noch nicht bei einem Konzert, das beim berauschenden Höhenflug keinerlei Angst vor einem Absturz hatte.