Hamburg. Die Jazzrausch Bigband sorgte im Großen Saal für Partystimmung – auch mit sehr ungewöhnlichen Brahms-Interpretationen.
„Die Elbphilharmonie war ja ursprünglich als Technoclub geplant – das ist jetzt die eigentliche Eröffnung“, sagt Posaunist und Bandleader Roman Sladek. Und am Donnerstagabend im ausverkauften Großen Saal des Konzerthauses scheint das gar nicht mal so abwegig. Über der Bühne leuchtet ein Neon-Smiley, flackende Lichter, auch auf dem Boden, sorgen für Club-Atmosphäre. Und dann der Sound: Technojazz zwischen Trance und Hochgeschwindigkeits-Trommelfeuer. Da hält es die ersten schon nach wenigen Minuten nicht mehr auf den Plätzen.
In ihrer Münchner Heimat spielt die Jazzrausch Bigband nahezu unablässig und eröffnet bald einen eigenen Club, einige Fans reisen der Truppe sogar hinterher – auch in die Elbphilharmonie. Doch selbst wer diese Band zum ersten Mal sieht, kann sich der unbändigen Energie nicht entziehen. Immer mehr Besucherinnen und Besucher tanzen an den Seiten des Saals, immer wieder brandet nach besonders gelungenen Soli Jubel auf.
Konzertkritik: Publikum und Band tanzen im Saal
Und die Band tut alles, um diese Party an ungewohntem Ort zu befeuern. Wer gerade nicht spielt, tanzt auf der Bühne als befände er sich auf einem Techno-Rave, zwischendurch wird das Publikum gestenreich animiert und auch mal mit einem der Neonlicht-Elemente gewedelt.
Anfangs schreitet das offensichtlich zum strengen Durchgreifen aufgeforderte Saalpersonal noch ein, wenn jemand am Platz oder auf den Treppen tanzt, doch im letzten Viertel des Konzerts nützt das dann nichts mehr – da ist die Euphorie schlicht zu groß und lässt sich nicht bremsen. Ein wunderbarer Anblick.
Spaß überträgt sich auf das Publikum
Brahms, dieser berühmte Sohn der Stadt, sei ja eigentlich Technofan gewesen und habe schwer darunter gelitten, dass es keine entsprechenden Clubs gab, behauptet Sladek. Nun wolle man ihm Ehre erweisen. Was folgt, ist unter anderem ein Ungarischer Tanz, der hier so gewiss noch nicht zu hören war. Dabei muss gesagt sein: Die Jazzrausch Bigband ist kein Witz, sondern versammelt an diesem Abend 15 exzellente Musikerinnen und Musiker (darunter neun an Blasinstrumenten), die mit einem Spaß bei der Sache sind, der sich ungefiltert aufs Publikum überträgt.
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Und die Band macht einfach alles richtig, geht vollkommen im Konzertgeschehen auf und läuft nach den lautstark erklatschten Zugaben sofort in voller Mannschaftsstärke unter großem Applaus des gen Ausgang strebenden Publikums durch das Foyer des 13. Stocks, um Platten und CDs zu verkaufen und zu signieren. Optimale Hörer-Band-Bindung.
Konzertkritik: Wiedersehen im Dezember
Wer diesen Auftritt verpasst hat: Am 19. Dezember gibt es ein Wiedersehen in der Laeiszhalle – mit dem Weihnachtsprogramm „Still! Still! Still!“, das, wie der Titel schon sagt, allerdings etwas weniger wild ausfallen dürfte.