Hamburg. Ensemble Mini hat sich für sein Gastspiel einen eher ungünstigen Abend ausgesucht. Das Konzert war trotzdem beachtlich.

Wer sich als Veranstalter nach fünf elbphilharmonischen Jahren mit Live-Klassik in einen Club an der Reeperbahn oder in deren Nachbarschaft wagt, muss leider nach wie vor und immer noch leidensfähig sein, kulturbehördliche „Musikstadt Hamburg“-Selbstbelobigung hin oder her.

Ist man nicht die Elbphilharmonie selbst oder der NDR, der – wie zuletzt im Uebel & Gefährlich für ein Kammerkonzert mit Chefdirigent Alan Gilbert an der Bratsche – auch durch geschicktes Bespielen von Social-Media-Kanälen eine Menge Publikum anziehen kann, wird es undankbar hart. Und bleibt ziemlich leer, da helfen weder die besten Absichten noch großartige musikalische Qualität.

Bartók im Mojo Club: nicht original, aber sehr originell

Beides muss man der Idee des in Berlin beheimateten Ensemble Mini zugestehen, das sich für ihr angenehm ambitioniertes „Late-Night-Sinfonie“-Gastspiel einen eher ungünstigen Donnerstagabend ausgesucht hatten, um einige Meter unter der Reeperbahn im Mojo Club Bartók zu spielen, nicht original, aber sehr originell. Der Anblick im Halbdunkel war dann leicht ernüchternd: etwa zwei Dutzend Mitwirkende auf der Bühne, etwa zwei Dutzend Menschen als Publikum davor. Das Konzert selbst war es so ganz und gar nicht.

Dieses Projekt-Kammerorchester besteht aus jungen, hochmotivierten Musikerinnen und Musikern; Spezialität der Minis ist es, sich in enger Zusammenarbeit mit dem britischen Dirigenten Joolz Gale großformatige Repertoire-Klassiker passend zu arrangieren. „Bartók Beyond Borders“ begann so passend zur Location wie ehrgeizig, mit einer Playmobil-Version der „Wunderbaren Mandarin“-Suite, Essenz jener Tanzpantomime, die mit ihrem skandalösen Plot über mehrere Freier und eine Prostituierte bei der Uraufführung 1919 in Adenauers Köln einen saftigen Theater-Skandal ausgelöst hatte. Als Anspielung darauf verausgabte sich ein expressionistisch tanzendes Paar auf der Tanzfläche, während das Orchesterchen spielte, als wäre es um die 70 Köpfe größer. Kleiner bedeutete hier ganz eindeutig: feiner, und bis an den Rand energiegeladen.

Ensemble Mini im Mojo Club: Weltklasse-Geiger fiel aus

Spannendster Anteil des Programms waren die nahöstlich bereicherten „Rumänische Volkstänze“: Die Motive blieben erkennbar, doch mit seinen Arrangements hatte der aus dem Libanon stammende Darbuka-Trommler Ronny Barrak den Stücken ganz neue Klangfarben und Aromen verliehen, mit der Kurzhalslaute Oud, dem melancholischen Klagen der Duduk und dem Zither-Cousin Quanun wurde Bartóks Musik zum Ohrenöffner.

Nach einer Runde durch Bartóks „Tanzsuite“ und insgesamt 90 Minuten packten die Fachkräfte die Instrumente schon wieder ein. Fehlte da nicht noch was? Denn angekündigt hatte man den Weltklasse-Geiger Christian Tetzlaff, als Solist für Bartóks 1. Violinkonzert. Der habe sich leider sehr kurzfristig krank gemeldet, hieß es nachträglich vom Veranstalter, man hätte das eigentlich während des Konzerts ansagen wollen. Das ist unerledigt durchgerutscht. Der Abend endete damit eigenwillig; das Konzert an sich war trotzdem beachtlich und tapfer.