Hamburg. Die Hamburgerin ist zurück. Mit ihrem neuen Album steht sie in krassem Gegensatz zu testosterongeladenem Deutschrap.

„Overscheiß“ heißt der Song, mit dem die Hamburger Rapperin, Sängerin und Produzentin Finna vor zwei Jahren die Vielfalt aller Körper feierte. Eine wortgewaltige wie höchst empathische Ode, die auf den Modestandard „oversize“ anspielt. Wer definiert eigentlich, was „übergroß“ ist, was nicht der Norm entspricht? Und wenn schon dick, dann bitte auch stolz. Raum einnehmen. Tanzen. Enge Sachen tragen. „Keine Opfer-Position / wir sind fat and proud“, proklamiert Finna. Zu finden ist diese starke Selbstbehauptungshymne auf ihrem Debütalbum, das nun beim Hamburger Label Audiolith erschienen ist.

„Zartcore“ lautet der Titel dieser vielschichtig schillernden Platte. Ein musikalisches Manifest, das die eigene Verletzlichkeit als „hardcore“ zelebriert. Als Superkraft. Und das rosa-pinke Artwork des Albums verweist keinesfalls auf tradierte Rollenstereotype. Vielmehr lädt Finna diese Farben mit softem Kampfgeist auf und schwenkt unübersehbar die queer-feministische Fahne. Mit sachter Intensität schleudert sie Reime hinaus und schaut gleichzeitig, das niemand auf der Strecke bleibt. Auch sie selbst nicht.

Neues Album von Rapperin Finna: Klima und mentale Gesundheit

Vor einigen Jahren preschte Finna sehr schnell sehr heftig in die Musikbranche hinein. Plötzlich war sie auf dem Radar. Die Bühnen wurden größer. Doch die Seele kam nicht mit. Bis sie sich schließlich in einer psychiatrischen Klinik wiederfand. Ihr Weg zurück ans Mikro ist nun ein anderer. Langsamer. Aufmerksamer. Von Teamspirit getragen.

„Komm in meine kleine Welt / hier ist alles alles zartcore / denn in deiner heilen Welt / kommt mir alles viel zu hart vor“, erklärt Finna im Titelsong zu dynamisch driftenden Beats. Sie erschafft ihre eigene Utopie, die in krassem Gegensatz steht zum oftmals testosterongetränkten Deutschrap. Statt vor dicken Autos posiert Finna mit ihrer Clique. Respektvolles Miteinander ist ihr Statussymbol. Klimakrise und mentale Gesundheit sind ihre Themen.

Rapperin Finna liebt Diversität

Finna möchte weder den hiesigen Hip-Hop noch die Gesellschaft insgesamt der Breitbeinigkeit und Machtprotzerei überlassen. Ein Weg, den Künstlerinnen wie die Berliner Rapperin Sookee geebnet haben. Und den Finna nun gemeinsam beschreitet mit zahlreichen Verbündeten. Mino Riot, Sayes und Saskia Lavaux von der Band Schrottgrenze steuern Gesangspart bei. Für die Songs zeichnet der Produzent Spoke mitverantwortlich. Und die Hamburger Fotografin Katja Ruge hat Finna in eindrücklicher Komplexität inszeniert, zudem mit viel Spaß an Styling und persönlichem Ausdruck.

Denn das ist das Prägnante an Finna: Ihre engagierten Texte verquickt sie mit reichlich Glamour, Lässigkeit und positiver Energie. Und ihre Liebe zu Diversität lässt sie sich auch als Mutter nicht nehmen. „Zieh mich sexy an auch hinterm Kinderwagen / warum sollte ich jetzt nur noch Birkenstock tragen?“, fragt Finna im Song „Mudda“.

Finnas Musik ist eindeutig politisch. Und ihr Handeln ist es ebenfalls. So unterstützt sie unter anderem die Initiative Tour D’Amour, die Tourbusse zu Spendenkonvois umfunktioniert. Hilfsgüter wurden gesammelt für das Geflüchtetenlager Moria und jüngst für die Ukraine. Denn die eigene Sensibilität als Stärke zu feiern, bedeutet nicht, die Schwäche anderer außer Acht zu lassen.