Hamburg. Das norwegische Edel-Pop-Trio präsentierte 7500 Fans in der Barclays Arena höflich distanzierte Unterhaltung. Eine Konzertkritik.

„Also für seine 62 Jahre ist Morten Harket noch eine echte Sahneschnitte“: Wenn die Abendschönste in der Barclays Arena das sagt, dann wird es wohl stimmen. Zumindest sieht der Sänger von a-ha besser aus als auf dem „Bravo“-Poster in den 80er-Jahren, als das norwegische Edel-Pop-Trio mit über die Jeans gezogenen Tennissocken in Slippern posierte. Schauder.

Eine Menge ist passiert, seit a-ha 1985 mit dem Hit „Take On Me“ den Durchbruch feierte. So haben sich Morten Harket, Pål Waaktaar-Savoy und Magne Furuholmen zum Beispiel 2010 getrennt, inklusive Abschiedstour. Aber sie kamen fünf Jahre später wieder, sie können wohl weder zusammen noch ohneeinander. In der 2021 erschienenen Dokumentation „a-ha – The Movie“ werden die Spannungen zwischen den Dreien nicht ausgelassen. Aber vielleicht entsteht wie seinerzeit bei Cream oder The Police erst dadurch die Energie für eine Weltkarriere.

a-ha in Hamburg: Debütalbum von 1985 in voller Länge

Das aktuelle Album „Cast In Steel“ erschien vor sieben Jahren, aber im Fokus in der Barclays Arena steht das Debüt „Hunting High and Low“ aus dem Jahr 1985, das in der zweiten Konzerthälfte komplett durchgespielt wird. Wie angebliche Abschiedstouren ist das einer der Retrotrends der letzten Jahre, der von vielen Bands aufgegriffen wird. Aber die 7500 Fans, die sich in der Barclays Arena versammeln, sind nicht dafür gekommen, um zwei Stunden (mit Pause) auf „Take On Me“ zu warten.

Schon bei den ersten Tönen von „Sycamore Leaves“ erheben sich alle im bestuhlten Innenraum und werden sich bis zum Finale nicht mehr wieder hinsetzen. Auf den Rängen hingegen macht man es sich bald wieder gemütlich. Denn das Geschehen bei „Crying In The Rain“, „Cry Wolf“, „Forest In The Trees“ oder „I’ve Been Losing You“ ist sehr statisch – besonders im Vergleich mit den kürzlich hier spielenden Zeitgenossen Simple Minds.

Morten Harket: Konzentration bei hohen Tönen ist ihm anzusehen

Während Magne Furuholmen die Keyboards überwacht und mit Ansagen auf Deutsch amüsiert, wechselt Pål Waaktaar-Savoy seine Gitarrensammlung durch. Auch Morten Harket, der seine Sonnenbrille schnell mit einer Erdkundelehrer-Brille austauscht, wagt keinen Schritt zu viel. Die Konzentration, auch in hohen Lagen die richtigen Töne zu treffen, ist ihm deutlich anzusehen. Begleitet wird a-ha von drei Tourmusikern an Bass, Schlagzeug und weiteren Keyboards, aber die stehen im Wortsinn im Schatten im Hintergrund.

Auf der großen Videoleinwand wechseln beim Titelsong des kommenden Album „True North“ und den Liedern des Debüts Landschaftsszenen mit Wäldern, Bergen, Polarlichtern, und Sommerstürmen (und New York), das gibt „The Blue Sky“, „Living A Boy’s Adventure“, „Love Is Reason“ und „Hunting High And Low“ einen noch kühleren Charakter. Aber das Publikum ist sofort da, wenn ein Song einen Funken zum überspringen braucht. Der 007-Titelsong „The Living Daylights“ wird ebenso frenetisch mitgesungen wie das sehr hohe e bei „Take On Me“. Ein sauberer, höflich distanzierter Konzertabend.