Hamburg. Rick Rubin ist der Kopf hinter den erfolgreichsten Platten der Welt. Beim OMR kleben Tausende an den Lippen des tiefenentspannten Mannes.
Taylor Swift hin oder her – im Vergleich zu Rick Rubin ist der Megastar ein musikalisches Leichtgewicht. Zwar ist Rubin weder ein gefeierter Leadsänger noch eine Legende am Instrument. Trotzdem darf er auf keinem der größten und erfolgreichsten Alben der letzten Jahrzehnte fehlen. Denn er produzierte sie alle: von AC/DC bis Shakira, Ed Sheeran bis ZZ Top, Lady Gaga, Eminem, die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Für Johnny Cash und die Red Hot Chili Peppers war beziehungsweise ist Rubin sogar so etwas wie der „Haus-Produzent“.
Anlässlich der Digital- und Marketingmesse OMR reiste Rick Rubin nun nach Hamburg. Am Mittwochabend, als letzter renommierter Speaker der diesjährigen OMR, ist er im „Fireside Chat“ zu erleben. Und obwohl Rubin die Hansestadt zum ersten Mal besucht, macht er es sich auf der „Conference Stage“ sofort höchstbequem – barfuß und im Schneidersitz. Auch angesichts seines weißen Rauschebarts lässt sich schnell konstatieren: Hier ist ein echter Guru zu Besuch. Also ein Musikguru, versteht sich.
OMR: So geht entschleunigter Erfolg: Musikguru lehrt das Publikum
Sein erstes Label gründete der heute 61-Jährige schon 1984, damals noch als Student. Mittlerweile ist er mehrfacher Grammy-Preisträger und neuerdings auch Bestsellerautor. Mit seinem erst im vergangenen Jahr erschienenen Buch „kreativ. Die Kunst zu sein“ wurde Rubin aus dem Stand zum (Literatur-)Chart-Stürmer. Höchstproduktiv ist er – hält von Workaholismus und Perfektionismus aber gar nichts. Bei Rick Rubin startet jeder Tag entschleunigt, mit Meditation und einem Spaziergang, erzählt er im Gespräch mit Hip-Hop-Journalist Aria Nejati in Hamburg.
Der Look trügt also nicht. Anders als bei vielen vorhergehenden Talks auf der OMR geht es bei Rubin nicht um Zahlen, Ziele, spitzenmäßige Erfolge und die perfekten Strategien dafür. Stattdessen ermutigt der Produzent die voll besetzte Halle, jedes Tun so zu gestalten, dass es den eigenen Ansprüchen genügt. „Es hat keinen Sinn, das Werk für einen anderen zu ändern, denn dann würde ich es ja nicht mehr mögen“, sagt er. „Das ist wie das Verlieben. Das basiert auf persönlichen Präferenzen und richtet sich nicht nach anderen.“ Sein Credo: Wer sich selbst treu bleibt und tut, was er liebt, den wird der gerechte Erfolg ereilen.
Höchste Aufmerksamkeit im Publikum: Rubin kleben alle an den Lippen
Die eigene Wahrnehmung wertzuschätzen und anderen zu vermitteln, darum gehe es. Ausdruck ist der Schlüssel zum Erfolg, ach was, zur Erfüllung, wenn es nach Rubin geht. Er motiviert die Anwesenden zu gestalten und ihr Schaffen der Welt zu zeigen. Wieder und wieder, auch nach Rückschlägen. Denn: „Manchmal ist ein Fehler die beste aller Ideen“, so Rubin, den man leider noch nicht als Motivationstrainer buchen kann.
Wichtig: Aufmerksamkeit, Awareness und Entschleunigung sind für ihn unabdingbar. Er meditiere bereits seit seinem 14. Lebensjahr, sagt Rubin. Für die Wahrheit dieser Aussage spricht die tiefe Ausgeglichenheit und Ruhe, die der Musikproduzent von der Bühne in den Publikumsraum auszusenden scheint. Die Zuschauerinnen und Zuschauer sind höchst aufmerksam. Dieser Mann hat ganz offenkundig die Gabe, Menschen zum Zuhören zu bringen – und das mit unaufgeregten, gewählten Worten statt greller, schneller Aufmerksamkeitsheischerei.
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OMR: Rick Rubin in Hamburg – erfolgreich ohne Performer-Mentalität
Es ist erstaunlich, wie sehr Rubin bei dem vornehmlichen jungen, karriereinteressierten bis -zentrierten Publikum verfängt. Immer wieder brandet Szenenapplaus auf, am Ende des rund 45-minütigen Talks gibt es Pfiffe und Standing Ovations. Und das Unglaublichste an dem Mann: Er ist verdammt erfolgreich mit dem, was er nach eigenen Angaben so reinen Herzens und ganz ohne Performer-Mentalität tut.
Der Produzent gilt als Vordenker von Musik-Streaming-Abos, wie sie heute von Millionen Kundinnen und Kunden bei Spotify, Apple Music und Co. genutzt werden. Auch wird ihm nachgesagt, er sei maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Hip-Hop seinen Weg in den Mainstream finden konnte. Rubin weiß einfach, was der Musikmarkt will – vielleicht sogar, was er braucht.