Hamburg. Der teuerste noch lebende Künstler soll eine Brücke zwischen Kunst und Markt schlagen. OMR-Besucher sind nur wenig interessiert daran.

Wer bei Jeff Koons zuallererst an schrille Ballonhunde denkt, liegt nicht falsch. Der US-Amerikaner ist aber nicht nur bildender Künstler – der teuerste noch lebende, wohlgemerkt –, sondern auch eine Business-Größe. Wer wäre also besser geeignet, um am Mittwochvormittag auf der Conference Stage der Digital- und MarketingmesseOMR in Hamburg die Brücke zwischen Kunst und Markt zu schlagen?

Umso verrückter: Just als das Panel mit Koons und Podcaster Tim Ferris beginnt, verlässt etwa die Hälfte der Besucherinnen und Besucher die zuvor voll besetzte Halle. Ein seltsames Bild ist das. Statt mit rauschendem Applaus wird der Künstler mit trampelnden Füßen begrüßt. Der Grund dafür: Vor Koons standen OMR-Gründer Philipp Westermeyer und Roland Eisenbrand unter der Überschrift „State of the German Internet“ („Zur Lage des Internets in Deutschland“) auf der Bühne. Offenbar begeistert der Marketing-King Westermeyer das OMR-Publikum deutlich mehr als Künstler Koons.

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Auch wenn viele OMR-Besucher sich diesen Talk haben entgehen lassen: Die Digital- und Marketingmesse der Superlative hätte kaum einen bezeichnenderen bildenden Künstler einladen können. Nicht nur, weil Koons für seinen Tanz auf dem schmalen Grat zwischen Kunst und Kitsch bekannt ist und die Verfremdung von Konsumgütern, Alltagsgegenständen und Nippes zu seinem Markenzeichen erhoben hat. Auch diverse Plagiatsvorwürfe, die den Künstler im Laufe seines Schaffens ereilten, stellen Fragen nach der Beziehung zwischen Kunst und Markt.

Was geschieht mit dem Wert der Kunst, sobald sie sich am Marktgeschehen orientiert, es vielleicht ausnutzt? Was bedeutet es für ein Werk, wenn sich der Künstler den Käufern anbiedert? Das sind Fragen, die Ferris und Koons hätten ausexerzieren können. Stattdessen plätschert die Konversation eher dahin. Wenig Kaufmännisches, viel Philosophisches gibt der Künstler von sich. Was er gern liest (Kierkegaard und Nietzsche) oder dass er 48 Pistazien am Tag isst. Auf den großflächigen Leinwänden hinter der Bühne läuft derweil eine Werk-Diashow mit Koons‘ ikonischen Skulpturen.

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Kunst und Kreativität seien Erfahrungsvehikel und Angstvernichterinnen, sinniert der 69-Jährige. „Wir Menschen sorgen uns nicht um Objekte“, so der Künstler auf der OMR-Bühne, „wir wollen Erfahrungen machen. Das ist das Erfüllendste im Leben.“ Womöglich stimmt das – doch ist es, was Besucher einer Marketing-Messe hören wollen?

Andererseits: Schön, dass Koons der Einladung des OMR-Gründers Philipp Westermeyer nach Hamburg überhaupt gefolgt ist. Es lässt sich schließlich vermuten, dass der Künstler mit der Hansestadt eher auf Kriegsfuß steht. Vor gut 20 Jahren war einmal geplant, dass riesige Koons‘sche Quietsche-Enten an 110 Meter hohen Kranen über dem Kiez baumeln. Als kreative Zwischennutzung des Luftraums über dem Spielbudenplatz quasi. Nachdem sich der Schill-Politiker und damalige Bausenator Mario Mettbach erst als Fan der Idee zeigte, brach er das Projekt abrupt ab. Vermutlich auch, weil Hamburgs Bewohnerinnen und Bewohner sich nicht gerade als große Koons-Anhänger entpuppten.