Hamburg. „Wer jetzt noch dazwischenklatscht, wird vermöbelt“, tönte es am Ende. Ausgelassene Stimmung bestimmte den Abend – eine Medaille gab‘s auch.
Als das Ensemble Resonanz lange im Voraus einmal beschloss, die 4. Sinfonie von Johannes Brahms in seinem Konzert „resonanzen fünf“ in der Elbphilharmonie zu spielen, ahnte es noch nicht, dass ihm an diesem Abend auch die Johannes-Brahms-Medaille der Freien und Hansestadt Hamburg verliehen werden sollte.
Umso größer war die Freude, als der Senator für Kultur und Medien, Carsten Brosda, die recht großformatige Medaille am Donnerstag überreichte und die Verdienste des Residenzensembles der Elbphilharmonie in einer seiner launigen Ansprachen in „höchsten Tönen“ lobte.
Ensemble Resonanz: Überraschungen gab‘s nicht nur für das Publikum in der Elbphilharmonie
Dem Ensemble Resonanz gehe es um „alternative Hörerfahrungen und das Aufspüren eines gemeinsamen Schwingungsraumes“, sagte Brosda. Es sei in allen möglichen Stilen von der Neuen Musik über die Clubkultur im „resonanzraum“ im Bunker Feldstraße bis hin zu einem „ungewohnt traditionellen Programm“ wie an diesem Abend zu Hause und verstehe sich als „stets wachsender Organismus“. Das jüngste Mitglied des Ensembles, die litauische Geigerin Skaistė Dikšaitytė, durfte die Auszeichnung entgegennehmen und sagte, dass Neugier und Inspiration der größte Ansporn des Ensembles seien, Musik lebendig zu präsentieren.
Einmal mehr stand der Principal Guest Conductor Riccardo Minasi, einer der Lieblingsdirigenten des Ensembles, am Pult. Mit harten Repetitionen der tiefen Streicher, überraschenden Pausen und zuweilen betont breiten Dehnungen ließ er die ziemlich spannungsgeladene Sinfonia funebre f-Moll des italienischen Barockgeigers und Komponisten Pietro Antonio Locatelli anheben. Eine Trauermusik für eine verstorbene, aber unbekannte Frau wohlgemerkt, die aber mit forschen Gesten und einer ungewohnt kontrastreichen Kleinteiligkeit einen recht bewegten Eindruck machte.
Konzert von Ensemble Resonanz: Sopranistin Gens platziert sich mittendrin
Das von Mimoe Todo gespielte Cembalo und die Theorbe mit Andreas Arend, der eine besonders klangschöne Basslaute eines dänischen Instrumentenbauers spielte, traten im Grave-Satz umso wirkungsvoller hervor, weil Minasi die Streicher dynamisch stark zurücknahm.
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Mit einem wirbelnden Auftakt, kraus und wild wie so oft in der Musik von Hector Berlioz, begann die lyrische Gesangsszene „La mort de Cléopâtre“, bei der sich die großartige Sopranistin Véronique Gens nicht vor und auch nicht hinter dem Ensemble platzierte, sondern mittendrin. Die vier historischen Hörner des 19. Jahrhunderts entfalteten dabei einen ebenso großen Zauber wie die beiden direkt hinter der Sängerin sitzenden Klarinetten, die die von Gens bewegend gesungene „Méditation: Grands Pharaons, nobles Lagides“ begleiteten.
Konzert Hamburg: „Wer jetzt noch dazwischenklatscht, wird vermöbelt!“
Die kleine Streicherbesetzung des Ensemble Resonanz erzeugte bei Brahms’ Vierter Sinfonie schließlich ein erfrischend transparentes Klangbild. Und Minasi sorgte mit seinen oft überdeutlichen Betonungen und Crescendi oder einem plötzlich extrem verlangsamten Wiederaufbau der Reprise im Kopfsatz für Überraschungen.
Das Publikum war derart begeistert, dass nach jedem Satz Applaus losbrach und ein entrüsteter Besucher rief: „Alle, die jetzt noch einmal dazwischenklatschen, werden gleich draußen vermöbelt.“ Was natürlich nicht ernst gemeint war, in die ausgelassene Stimmung des Abends aber dann auch irgendwie passte.