Hamburg. Die neue Saison wird mit dem neuen Tanzstück von Constanza Macras eröffnet. Worauf sich Besucher noch freuen können.

Es gibt viele gute Nachrichten und auch einige nachdenklich stimmende von der aktuellen Spielzeit-Präsentation auf Kampnagel zu vermelden. Die guten zuerst: Kampnagel hat die zweiterfolgreichste Saison der Intendanz Amelie Deuflhard hinter sich. Stolze 140.000 Besucherinnen und Besucher kamen in der vergangenen Saison in die Hallen der internationalen Produktionsstätte. Deren Sanierung ist seit Langem vereinbart. Bis jetzt laufe alles nach Plan, so Jonas Zipf, kaufmännischer Geschäftsführer von Kampnagel. Ab 2025 soll es losgehen und nach drei Jahren ausgestanden sein. Aber, so Zipf, in diesen drei Jahren könne viel passieren.

Bei rund 9,35 Millionen Euro liegt die Förderung durch die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg, der Etat für den Spielbetrieb bei 5,7 Millionen Euro. Mit einem Umsatz von 2,5 Millionen Euro und eingeworbenen Drittmitteln in einer Höhe von stolzen drei Millionen Euro geht die Rechnung damit auf. Dennoch hat Jonas Zipf hier einige Sorgen. Denn die Ausgaben für fast alle Posten steigen vor allem durch die Inflation – wodurch der Etat für die Kunst langsam abschmilzt. „Wir haben eine strukturelle Unterfinanzierung“, so Jonas Zipf.

Kampnagel-Saison: Spannungsfeld zwischen Apokalypse und Hoffnung

Amelie Deuflhard ist Intendantin auf Kampnagel.
Amelie Deuflhard ist Intendantin auf Kampnagel. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Das künstlerische Team um Intendantin Amelie Deuflhard begegnet dem mit ungebrochenem Gestaltungswillen und einigen Höhepunkten in der kommenden Saison. Als inhaltlichen Kern macht die Intendantin ein Spannungsfeld zwischen Apokalypse und Hoffnung aus, wichtig bleibt zudem die Verbindung von Populärkultur und zeitgenössischer Kunst.

Auf Kampnagel schaut man positiv nach vorne, auch wenn man sich unter dem Namen „Still Openhaus“ in einem Schwerpunkt mit aktuellen Missständen, Ausgrenzungen und Erschwernissen durch die aktuelle Migrationspolitik widmen will. „Es lohnt sich, das Thema neu und weiter zu beleuchten und auch klarzumachen, das ist kein Modethema“, so Deuflhard. „Wir befinden uns in einer Welt, in der Migration an allen Ecken und Enden komplette Normalität ist.“

Eröffnet wird die neue Saison am 27. September voraussichtlich glanzvoll mit dem von Kampnagel koproduzierten neuen Tanzstück von Constanza Macras, „The Visitors“. Darin verbindet die in Berlin lebende argentinische Choreografin das Genre des „Slasher-Films“, eine Horror-Unterart, mit der Situation Südafrikas in der Postapartheid. Auf der Ruhrtriennale war es bereits zu sehen.

Anlässlich der India Week kommt die Produktion „A Passage To Bollywood“

Als weiterer Höhepunkt auf der Großen Bühne folgt eine neue Arbeit des italienischen Kollektivs Motus mit „Frankenstein (A Love Story)“ (26.10. bis 28.10.). Anlässlich der India Week führt Ashley Lobo mit dem Navdhara Dance Theatre und „A Passage To Bollywood“ (25.10. bis 28.10.) die Zutaten der beliebten Bollywood-Filme – Liebesgeschichte, mitreißende Musik, opulente Tanzszenen – in einer großen Show zusammen. Der französisch-belgische Choreograf Damien Jalet verhandelt in seinem neuen Tanzstück „Planet (Wanderer)“ (7.12. bis 9.12.) das Verhältnis des Menschen zur Erde und hat sich dafür mit dem japanischen bildenden Künstler Kohei Nawa zusammengetan.

Der französische Theatermacher Philippe Quesne wird mit seiner Kompanie Vivarium Studio „Der Garten der Lüste“ (25.1. bis 27.1.) aufführen, das bereits beim Festival d‘Avignon gefeiert wurde. Und Serge Aimé Coulibaly, Choreograf aus Burkina Faso, wendet sich in „C la vie“ (April) diesmal der Lebensfreude und der Gemeinschaft zu.

Kampnagel: Sasha Waltz & Guests führen „Beethoven 7“ auf

Ein Wiedersehen gibt es mit vielen langjährigen Kampnagel-Kunstkomplizen. Sasha Waltz & Guests führen „Beethoven 7“ (18.4. bis 21.4.2024) auf. She She Pop zeigt mit „Mauern“ (18.1. bis 20.1.2024) eine Fortschreibung von „Schubladen“, in dem die Performance-Gruppe vor zehn Jahren Identitäten aus der ehemaligen DDR und dem Westen untersucht hatte. Hinzu kommen neue Produktionen von namhaften Vertreterinnen und Vertretern der Freien Szene Hamburgs wie Antje Pfundtner und Ursina Tossi.

Geplant ist außerdem eine große Diskurs-Reihe zur Erinnerungskultur mit „Colonial Legacy Dialogues – Dialoge zum Kolonialen Erbe“. Die Reihe „Protestgespräch“ widmet sich der aktuellen Migrationsdebatte. Hinzu kommen diverse Festivals, darunter die zehnte Ausgabe von Fokus Tanz mit einem Schwerpunkt auf behinderten und queeren Kunstschaffenden.

Zur am Horizont stehenden Sanierung, die ja bei teilweise laufendem Betrieb über die Bühne gehen soll, sollen in Kürze neue Details verkündet werden.

Kampnagel Spielzeiteröffnung ab 27.9., Kampnagel, Jarrestraße 20-24, Karten unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de