Hamburg. Hamburgs nächster Generalmusikdirektor über das vorzeitige Aus an der Wiener Volksoper und seine Pläne für die Staatsoper Hamburg.

Mit seinem sehr vorzeitigen Rückzug vom Chefdirigenten-Posten an der Volksoper in Wien hat der Dirigent Omer Meir Wellber dort für Aufregung gesorgt – und auch in Hamburg, weil er hier 2025 die Nachfolge des Generalmusikdirektors Kent Nagano an der Hamburgischen Staatsoper antritt.

In Wien hat er 2022 begonnen, wollte bis 2027 in diesem Amt bleiben und das Haus mit neuem Schwung nach vorn bringen – nun gibt er diese Leitungsaufgabe schon Ende 2023 ab. Vor einer Probe für seine „Salome“-Premiere in der nächsten Woche erläuterte Meir Wellber seine persönlichen Beweggründe.

Hamburger Abendblatt: Sie und die ebenfalls neue Direktorin Lotte de Beer hatten große Pläne in Wien. Fiel es Ihnen leicht, dort so früh den Schlussstrich zu ziehen?

Omer Meir Wellber: Die Pläne bleiben, wie sie sind. Alle Produktionen kommen. Einzig zu viel für mich war die Arbeit als Musikdirektor. Ich habe mich von meiner Frau getrennt, ich brauche für mich und meine Tochter in Mailand etwas Ruhe. In den zwei Jahren bis Hamburg sage ich relativ viel ab und habe mehr Zeit, mich vorzubereiten.

Omer Meir Wellber: „Ich habe mehr Zeit, um nach Hamburg zu kommen“

Der anonyme Brief im Frühjahr, in dem sich Volksoper-Mitarbeiter via Presse darüber beschwerten, Sie würden wegen des Jobs in Hamburg nicht genügend Zeit für den Wiener Posten haben, hat nun also recht behalten?

Nein. Zeit hat nichts mit Hamburg zu tun. Ich bin genauso lange hier in Wien – weil ich dirigieren muss. Es ist mehr eine psychologische Entscheidung.

Was bedeutet das für Ihre Planungsarbeit mit Intendant Tobias Kratzer und dem Team für die Hamburger Staatsoper?

Ich habe mehr Zeit, um nach Hamburg zu kommen. Die Vorbereitung hat schon jetzt enorme Kraft entwickelt, wir sehen uns etwa jeden Monat. Nächste Woche kommt der Vorstand zu meiner „Salome“-Premiere hier in Wien. Was wird jetzt besser? Mein Geist ist etwas ruhiger. In unserer ersten Hamburger Saison haben wir mit einem Regisseur ein extrem kreatives Projekt – keine Oper, etwas Besonderes. Dafür beginnt die Arbeit jetzt im Oktober.

Sie gastierten neulich beim Musikfest Bremen und dem Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF). Für welchen Termin steht der nächste Hamburg-Auftritt in Ihrem Kalender?

Ende April 2024 mit dem NDR-Orchester. Ud ich bin auch wieder beim SHMF.

Haben Sie keine Angst davor, dass Sie jetzt – nach dieser Vollbremsung so kurz nach Amtsantritt – Menschen in Ihrer Branche für unzuverlässig halten?

Diese Menschen können auch sehen, dass ich schon 17 Jahre bei meinem Orchester in Israel bin, ich bin sieben Jahre am Opernhaus in Palermo und war lange an der Semperoper Dresden.

Omer Meir Wellber: „Als Neuproduktion werde ich keine reguläre Oper dirigieren“

Es war also ein Fehler, in Wien zu unterschreiben?

Absolut nicht! Auch die Projekte hier sind alle extrem schön – ich plane beispielsweise eine Kombination aus dem Mozart-Requiem und Ullmanns „König von Atlantis“. Es ist quasi eine Formalie – ich war Musikdirektor, und Ben Glassberg war Erster Gastdirigent. Jetzt ist es umgekehrt. Wir planen alles zusammen.

Welches Projekt für Ihre erste Hamburger Saison, die schon steht, können Sie verraten?

Was ich sagen kann: Als Neuproduktion werde ich keine reguläre Oper dirigieren. Sondern ein sehr besonderes Projekt, und solche Projekte soll es danach in jeder Spielzeit geben. Als Wiederaufnahmen dirigiere ich zentrale Werke.