Hamburg. Ein anonymer Brief aus der Wiener Volksoper attackiert Omer Meir Wellber und fordert Konsequenzen. Leitung und Orchester reagieren.

In der vergangenen Woche wurde Omer Meir Wellber im Hamburger Rathaus feierlich zum neuen Generalmusikdirektor und Nachfolger von Kent Nagano berufen. Nun aber gibt es massiven Ärger für ihn in Wien.

Dort ist er – und das erst seit vergangenem Herbst – Musikdirektor an der Volksoper, auf einem Posten, der eigens für ihn eingerichtet wurde. 2025 will er zusätzlich an der Staatsoper Hamburg und beim Philharmonischen Staatsorchester antreten. Sein derzeitiger Vertrag in Wien läuft parallel zwei Jahre weiter, bis 2027.

Omer Meir Wellber: Anonymer Brief attackiert Hamburgs künftigen Generalmusikdirektor

Zwei Chefämter oder mehr gleichzeitig – das ist in der Klassikbranche kein ungewöhnlicher Vorgang. Doch in einem anonymen Brief an die ebenfalls gerade angetretene Volksoperndirektorin Lotte De Beer und die Wiener Kulturpolitik, über den der Wiener „Standard“ heute berichtet, wird Empörung über Wellbers Entscheidung sowie über seinen Arbeitsstil laut.

Man sei besorgt darüber, dass Wellber sich zukünftig der „Pflege des Orchesterklangs, der Arbeit mit Sängern und Sängerinnen und weiteren internen Aufgaben“ nicht mehr widmen könne. Unzufrieden sei man aber bereits jetzt, nach wenigen Monaten im Amt. „Wellber erfüllt zurzeit kaum eine dieser Aufgaben.“

Es werde bezweifelt, dass sein anderes Engagement der Volksoper die Möglichkeit „einer aufregenden Zusammenarbeit mit der Staatsoper Hamburg“ eröffne. Man solle stattdessen versuchen, Wellber ab 2025, also vorzeitig, aus seinem Wiener Vertrag zu entlassen, heißt es in dem Schreiben.

Volksoper und Orchester weisen Vorwürfe und Forderung zurück

Inzwischen hat die Volksoper auf die anonymen Vorwürfe reagiert: Direktion und Orchester stellen sich in einem gemeinsamen Statement hinter den Musikdirektor. „Omer Meir Wellber wird seinen Vertrag bis 31. August 2027 in vollem Umfang erfüllen. Er ist ein international renommierter Dirigent auf dem Sprung zur Weltkarriere. Er hat schon in der Vorbereitung und in der ersten Saison entscheidende Schritte zur musikalischen Entwicklung der Volksoper gesetzt. Ab September 2025 fokussiert er sich auf seine Hauptstandorte Wien und Hamburg. Seine bereits konkreten Pläne der Zusammenarbeit beider Orchester (Hamburg und Wien) lassen einen zusätzlichen künstlerischen Mehrwert erwarten.“

Das künstlerische Gremium des Orchesters, bestehend aus 24 Vertretern aller Stimmgruppen, betont: „Das anonyme (!) Schreiben spiegelt in keiner Weise die Meinung des Orchesters wider: Omer Meir Wellber ist ein künstlerisch herausragender Dirigent, der uns in den letzten Monaten musikalische Höhepunkte beschert hat. Das Orchester schätzt sich glücklich, einen Musikdirektor von internationalem Renommee für die Volksoper gewonnen zu haben. Er hat uns versichert, dass er seinen Vertrag an der Volksoper in vollem Umfang erfüllen wird und sein Engagement in Hamburg auch für künstlerische Synergien nutzen wird. In Planung ist unter anderem ein gemeinsames Konzert beider Orchester in Hamburg und Wien. Das Orchester freut sich auf eine weitere Zusammenarbeit mit Omer Meir Wellber zumindest bis zum August 2027 oder darüber hinaus.“

Und auch aus der Chefetage gibt es Rückendeckung für den Dirigenten. Direktorin Lotte De Beer und der Kaufmännische Direktor Christoph Ladstätter erklärten: „Die Ernennung von Omer Meir Wellber als Generalmusikdirektor der Staatsoper Hamburg bestätigt sein Format als international gefragter Künstler, und wir sind stolz, ihn bereits vor zwei Jahren als Musikdirektor für die Volksoper Wien gewonnen zu haben.“