Hamburg. Das Museum für Kunst und Gewerbe zeigt, worüber sich Deutschlands talentierter Design-Nachwuchs Gedanken macht.

Wie ticken heutige Produktdesignerinnen und -designer? Mit welchen Zielen starten sie ins Berufsleben? Fragen, die Katrin Krupka beschäftigten, als sie die Ausstellung „Dare to Design“ entwickelte. „Es ist ein starker Wille zur Transformation erkennbar. Für eine nachhaltige Zukunft, für ein besseres Zusammenleben und größeren gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Sie hat zusammen mit anderen Experten die German Design Graduates ins Leben gerufen, um Nachwuchs zu fördern und Hochschulen zu präsentieren. Einmal im Jahr werden Absolventinnen und Absolventen aufgerufen, ihre Arbeiten dort einzureichen. In diesem Jahr wählte eine hochrangig besetzte Jury 47 Projekte aus ganz Deutschland aus. Diese sind nun im Museum für Kunst und Gewerbe zu sehen.

Design-Ideen: Neue Ausstellung in Hamburg überrascht

Wer Design nur mit schön gestalteten Oberflächen verbindet, wird überrascht sein, wie sehr die kreativen Köpfe in die Tiefe gehen, Strukturen analysieren, Randgruppen einbeziehen, sich mit den brennenden Themen unserer Zeit auseinandersetzen: Feminismus, Klimawandel, Umweltzerstörung, Entfremdung von der Natur, nachhaltiger Konsum, Mobilität, digitaler Datenwahn.

Eine der zwölf Finalistinnen ist Anna Unterstab, die ihren Master-Abschluss an der Hochschule für bildende Künste Hamburg machte. Ihr fehlte in Wilhelmsburg ein Treffpunkt, an dem sich Frauen und queere Menschen vernetzen und austauschen können. Kurzerhand baute sie 2022 die Bücheria auf, eine feministische und queere Stadtteilbibliothek, die von Nachbarinnen geleitet wurde, Lesungen und Workshops anbot.

Design-Ausstellung: smarter Nachtbus und stressfreie Therapieräume

Anna Schneider von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden fragt in ihrem Projekt „Wie politisch ist die Polizei?“. In Blitz-Protestaktionen werden in ihrer Heimatstadt Dresden Telefone an Regenrohre befestigt, die wie Notruftelefone aussehen – doch es fehlt eine Sprechmuschel. Zu hören sind nur vorgelesene Nachrichten über Fehlverhalten der Dresdner Polizei im Zusammenhang mit Rechtsextremismus.

Manuel Müllers Arbeit „night:switch“ (Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg) schöpft das enorme Potenzial von Nachtbus-Reisen aus. Sein Fernbus der Zukunft bietet Rückzugs- und Ruheorte und ist zur selben Zeit Begegnungsstätte zwischen Kulturen und Generationen. Um Raumgestaltung geht es auch bei den Designerinnen Florentine Voigt und Gesa Janßen, die für ein Therapiezentrum ein stressfreies und gesundheitsförderndes Praxis-Design entwickelten.

Design-Entwürfe machen Mut und Lust auf Veränderung

Ihre Kommilitonin an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Sulamith Gutwein, untersucht Ascheglasuren, die auf der Basis von Reststoffen aus Biomasse-Kraftwerken hergestellt werden. Diese Abfallprodukte sollen eine zweite Verwertung erhalten, etwa in der Keramikproduktion. so entsteht ein geschlossener Kreislauf, bei dem jeder Gegenstand eine individuelle Geschichte der Pflanzen anhand von Materialspuren erzählt.

Ein künstlicher Fruchtkörper, durch den Bäume ihr Stresslevel kommunizieren können, Tennisbälle, die auf die besonderen Bedürfnisse sehbehinderter und vollblinder Spielerinnen und Spieler zugeschnitten sind, ein hybrides Spielsystem, das Kindern die Schönheit und Bedeutung der Natur nahebringt – all diese schlauen und dabei oft ästhetisch ansprechenden Designentwürfe machen Mut und Lust, die Welt ein bisschen besser zu machen.

„German Design Graduates Show 2023: Dare to Design“ 1.9.–8.10., Museum für Kunst und Gewerbe (U/S Hauptbahnhof), Steintorplatz, Di–So 10.00–18.00, Do 10.00–21.00, Eintritt 14,-/8,- (erm.), mkg-hamburg.de