Schlamm is all you need? Denkste: Die Irin lieferte im Musikpavillon ab. Ihre Musik ist der Hit – viel interessanter als Metal.

Der ein oder andere könnte beim Bouncen und Tanzen auf dem gepflasterten Vorbühnen-Bereich an schleswig-holsteinische Matsch-Landschaften gedacht haben. Ist doch gut, wenn man sich dank geschmacklich smarteren Musikvorlieben dann gleich auch noch das Trockene-Füße-Privileg sichert. Wer braucht eigentlich Wacken?

Zum Start des kleinen, feinen Indie-Festivals Draußen im Grünen (Gastgeber: der verdienstvolle Hamburger Veranstalter Oha! Music) stürmte die irische Sängerin Jessica Smyth am Donnerstagabend mit immens ansteckendem Schwung auf die Bühne in Planten un Blomen. Um ihre ziemlich famose Mischung aus Rap, Elektro, Indierock und Neo-Soul in einem knackigen Set abzuliefern. Dass sie manchmal auf Spanisch singt, mochte ihr luftiges Outfit erklären: Die 25-Jährige trat im bauchfreien Oberteil auf – südeuropäische Vibes also, in Hamburger Schmuddelsommerumgebung.

Biig Piig bei Draußen im Grünen: Ein fulminanter Auftakt

Wobei die irische Herkunft der Wahl-Londonerin, die in ihrer Kindheit acht Jahre in Spanien lebte, bei der Wetterfestigkeit auch eine Rolle gespielt haben könnte: Biig Piig, wie sich die Künstlerin auf der Bühne nennt, ist, was den Sommer angeht, auch dessen herbe Variante gewohnt. Bei Draußen im Grünen werden bis Ende des Monats noch Acts wie Drangsal, Tonbandgerät und Juli auftreten. Es darf dann ruhig auch ein bisschen mehr los sein als beim fulminanten Auftakt.

Vielleicht war es dem zwar trockenen, doch alles andere als lauschigen Augustabend geschuldet, dass die überwiegend jungen Biig-Piig-Fans viel Platz hatten. Für Biig Piig, die dem gut mitgehenden Publikum einmal ein fröhliches „I love your energy“ zurief, hatte das auch Vorteile. Zum Beispiel konnte sie sich recht gefahrlos unter die Leute mischen, um einfach mal mit ihnen zu tanzen.

Schon mit dem ersten Song „What I Meant“ und dessen stimmigem Funk-Pop hatte sie die Leute auf ihrer Seite. Die wussten eh, dass Smyth mitsamt ihrer dreiköpfigen Band (Bass, Drums, Schlagzeug, Synthesizer, Saxofon) einen nicht alltäglichen Mix aus Disco-Geflacker mit Indierock-Akkorden auffahren würde. Ihre Stimme ist ausdrucksstark, der Bewegungsdrang groß (sie wollte sich ja auch nicht erkälten). Und die Lust am wilden Auftritt eh. Die hat eigentlich ganz schön Starpower, denkt man. Was fehlt, ist ein Album, mit dem sie mal eine künstlerische Ansage macht.

Biig Piig: Nach einer Stunde war alles vorbei

Ist wahrscheinlich aber zu boomer-mäßig gedacht. Es sind ja längst die Songs, nicht die Songzusammenstellungen, die heute für Reichweite sorgen. Biig Piig erzählte ihrem Publikum von Studioaufnahmen in Amerika, man darf gespannt sein, worin die am Ende münden. Bislang gibt es von Biig Piig EPs und viele Singles.

Ihr größter Hit ist das viel gestreamte, somnambule Tanzlied „Feels Right“. Wurde, na klar, fast ganz am Ende gespielt. Nach „Kerosene“ und einer Stunde war dann alles vorbei. Als Pop-Bühne bewährte sich der Musikpavillon ganz sicher; so klein und jung und beweglich war dieser Abend, da hätten gigantische Schlamm-Massen tatsächlich nichts verloren. Es gibt ein Leben neben Wacken, und es pulsiert in diesen Tagen am kräftigsten unterm Fernsehturm.