Hamburg. Bisrat Negassi leitet die Sammlung Mode und Textil, ihre erste Ausstellung „I.M Possible“ fragt, ob bei Kleidung alles erlaubt ist.

Gibt es heute noch strenge Etiketten oder gar Kleiderdiktate, oder ist auch die Mode diverser, ja sogar liberal geworden? Die Ausstellung „I.M Possible. Alles ist erlaubt“, die gerade im Museum für Kunst und Gewerbe (MK&G) eröffnet hat, beschäftigt sich mit dem schon Mitte der 1970er-Jahre angestoßenen Trend des Dekonstruktivismus gängiger Vorstellungen von Mode und Schönheit. Allen voran durch die britische Punk-Ikone Vivienne Westwood (1941–2022).

Es folgten Rei Kawakubo und Yohji Yamamoto aus Japan sowie Martin Margiela, Walter Van Beirendonck und Ann Demeulemeester aus Antwerpen. Das Spiel mit dem schlechten Geschmack und die Verhüllung der Körper waren ihre Themen. Die nächste Generation um Iris van Herpen, Marina Hoermanseder und Flora Mirandas vermaß nicht nur den Körper neu, sondern verband erstmals das Destruktive wieder mit Eleganz.

Museum Hamburg: Ehemalige Beckmann-Stylistin am Museum für Kunst und Gewerbe

Kuratiert hat die Ausstellung Bisrat Negassi. Die aus Eritrea stammende Modedesignerin mit eigenem Label (NEGASSI, das sie regelmäßig bei der Pariser Fashion Show ausstellte) leitet seit März die Sammlung Mode und Textil am Museum. Die Absolventin der Akademie JAK war auch 2016 Mitbegründerin des Ausstellungsraums M. Bassy in Harvestehude und im Kuratorenteam des MARKK. Zuvor arbeitete Bisrat Negassi als Stylistin für die Shows von Reinhold Beckmann und Jörg Pilawa und entwarf das Kostümdesign für Detlev Bucks Film „Same Same But Different“.

Ihr Konzept beschreibt die Designerin so: „Mode ist nicht nur ein Stück Stoff oder Trend, sie ist die tägliche Geschichtsschreibung unseres Daseins. Sie bietet Schutz und Kraft, sie verleiht Identität und bedeutet für jede und jeden noch so viel mehr. Die Direktheit der Mode, die Seelen berührt, Menschen bestärkt und Gesellschaften verändert, die interessiert mich.“

„I.M Possible“ blickt aber nicht nur zurück, sondern fragt, wie sich der Dekonstruktivismus auf kommende Generationen auswirkt. Dazu wird Bisrat Negassi alle sechs Monate jungen Modedesignerinnen und -designern in der Ausstellung eine Bühne für ihre eigenen zeitgenössischen Interpretationen des Themas bieten und somit für eine neue Modewelle am MK&G sorgen.

Museum Hamburg: Künstlerin fordert zu genauem Hinschauen bei historischen Bildern auf

Mit der „Blickinszenierung“ der Künstlerin Linda Fregni Nagler hat eine neue Ausstellung in der Reihe „Fotografie neu ordnen“ eröffnet. Sie lädt Künstlerinnen und Wissenschaftler ein, sich mit den historischen Beständen des MK&G auseinanderzusetzen. Linda Fregni Nagler, 1976 in Stockholm geboren, absolvierte ihr Diplom der Visuellen Künste bei Jimmie Durham; 2006 folgte ein weiteres Diplom für filmische Fotografie. Die Künstlerin hatte schon zahlreiche Einzelausstellungen in Italien, die Hamburger Schau ist ihre erste in Deutschland. Sie lebt und arbeitet in Mailand.

Ihr Fokus für die hiesige Schau ist das Schauen und Angeschautwerden. Die Künstlerin arbeitet mit gefundenen Fotografien, sie erwirbt die Originale im Internet, bearbeitet sie und löst sie anschließend aus ihrem herkömmlichen Kontext. Auf diese Weise möchte sie die Betrachtungsweise schärfen und die poetische wie verstörende Kraft von Bildern herausarbeiten. Den Porträts und auch den Objektfotografien aus der Sammlung verhilft die Künstlerin so zu einem neuen Leben.

„I.M Possible. Alles ist erlaubt“ bis 6.7.2025, „Blickinszenierung“ von Linda Fregni Nagler bis 7.1.2024, Museum für Kunst und Gewerbe (U/S Hauptbahnhof), Steintorplatz, Di–So 10.00–18.00, Do 10.00–21.00, Eintritt 14,-/8,- (erm.), www.mkg-hamburg.de