Hamburg. Uraufführungen, Klassiker und bei den Privattheatertagen entdeckte Stücke: Die Hamburger Kammerspiele haben in 2023/24 viel vor.
Jeder Intendant und jede Dramaturgin bemüht sich, den Spielplan für das Publikum so attraktiv wie möglich zu machen. Die Hamburger Kammerspiele haben da ganz gute Karten, denn gleich zwei Uraufführungen kündigen Intendant Axel Schneider, Oberspielleiter Sewan Latchinian und Chefdramaturgin Anja Del Caro für die Saison 2023/24 an.
Theater Hamburg: Was die Kammerspiele für die nächste Saison planen
Exklusiv für die Kammerspiele schreiben Lutz Hübner und Sarah Nemitz eine Komödie über den „Ernst des Lebens“. „Was war und was wird“ dreht sich um ein Ehepaar Ende 40. Die Kinder haben das Haus verlassen, und die Eltern fangen an, Bilanz zu ziehen. Was habe ich erlebt, was erwarte ich noch vom Leben? War der Partner der Richtige? Habe ich den richtigen Beruf gewählt? „Es geht in dem Stück um Glück“, erklärt Latchinian, der das Stück am 7. September zur Spielzeiteröffnung auf die Bühne bringen wird.
Die zweite Uraufführung ist die Bühnenfassung von Maria Schraders erfolgreichem Kinofilms „Ich bin dein Mensch“ mit Maren Eggert in der Hauptrolle. Die Protagonistin Alma testet darin einen humanoiden Roboter namens Tom. Aus der Begegnung zwischen ihr und der Künstlichen Intelligenz ergeben sich eine Reihe witziger Dialoge, etwa weil Tom sich als Schnulzen-Roboter entpuppt. Doch die einsame Alma findet mehr und mehr Gefallen am Zusammenleben mit KI-Tom. Die junge Regisseurin Esther Hattenbach inszeniert Schraders Vorlage Ende der Saison. Premiere soll am 21. April 2024 sein.
Dominique Horwitz und Judith Rosmair spielen in Strindbergs „Fräuein Julie“
Auch zwei Theater-Klassiker werden in den Kammerspielen Premiere feiern. In August Strindbergs „Fräulein Julie“ liefern sich Dominique Horwitz und Judith Rosmair einen gnadenlosen Geschlechterkampf. Beide waren lange Zeit Ensemblemitglieder am Thalia Theater. Rosmair, 2007 zur Schauspielerin des Jahres gewählt, spielt zum ersten Mal an den Hamburger Kammerspielen, Horwitz, der legendäre „Black Rider“ aus dem Thalia, war schon öfter zu Gast im Haus an der Hartungstraße (Premiere 8. März).
Der andere Klassiker ist ein Stück von Arthur Miller. „Der Preis“ beschreibt das Verhältnis zweier Brüder, die nach dem Tod des Vaters dessen Mobiliar verkaufen sollen und nach Jahrzehnten erstmals wieder aufeinandertreffen. Auch der New Yorker Broadway hat Millers Drama gerade wiederentdeckt. Dort steht Danny DeVito in einer der Rollen auf der Bühne (Premiere 7.1.).
„Ein deutsches Leben“ basiert auf Erinnerungen der Sekretärin von Joseph Goebbels
Axel Schneider ist nicht nur für die Kammerspiele und drei weitere Bühnen in Hamburg verantwortlich, sondern auch für die Privattheatertage (PTT), die am 27. Juni beginnen und am 9. Juli mit der Abschluss-Gala in den Kammerspielen enden. Im vergangenen Jahr hatte Schneider dort zwei Stücke entdeckt, die er jetzt an seinem Haus im Uni-Viertel zeigen wird. „Ein deutsches Leben“, eine Produktion des Berliner Schlosspark Theaters, ist ein Solo von Brigitte Grothum. Es basiert auf Interviews, die Joseph Goebbels’ Sekretärin im Alter von 102 Jahren gegeben hat. Der britische Dramatiker Christopher Hampton hat daraus 2019 ein bemerkenswertes Stück gemacht, das einen nuancierten Blick auf deutsche Geschichte wirft. Regisseur Philip Tiedemann hat zusammen mit der 88 Jahre alten Volksschauspielerin Grothum eine deutsche Fassung inszeniert (ab 27. September).
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Ein weiteres fulminantes Solo zeigte die Tänzerin und Schauspielerin Lucca Züchner. „Kitzeleien – Der Tanz der Wut“ erhielt bei den PTT den Publikumspreis. Es erzählt vom sexuellen Missbrauch an einer Achtjährigen, die als 22-Jährige diese schrecklichen Dinge aufarbeitet und immer dann tanzt, wenn es ihr die Sprache verschlägt (ab 12. Oktober).
Theater Hamburg: Intendant Axel Schneider verspricht Relevantes und Unterhaltsames
„Wir wollen nach einer künstlerisch tollen Saison auch in der nächsten Spielzeit aktuell relevantes und unterhaltsames Theater bieten“, so Axel Schneider. Dazu zählen Wiederaufnahmen, unter anderem vom „Ghetto Swinger“, aber auch eine Neu-Inszenierung von Thomas Bernhards „Theatermacher“ mit Peter Bause in der Hauptrolle (19. November) sowie ein aktuelles Stück von Suzie Miller, das gerade in London und am Broadway alle Theaterpreise abräumt, die zu vergeben sind. „Prima Facie“ (15. Februar) ist ein Drama um eine junge Staranwältin, die zum Opfer eines sexuellen Übergriffs wird und um ihr Recht und ihre Würde kämpft: „Me Too“ in Justizkreisen.