Hamburg. Nachdem die Premiere abgebrochen werden musste, startet „How to Date a Feminist“ an den Kammerspielen. Eine ungewöhnliche Romcom.

Steve verlässt die eigene Hochzeit. Nach 90 Minuten. Gerade hat der Frischvermählte sich so heftig mit seiner Gattin gestritten, dass ihm nur ein sofortiger Abgang bleibt. Kate hat ihm eine ganze Reihe von Vorhaltungen gemacht, die in dem Satz gipfeln: „Iss doch mal Fleisch!“

Seit 18 Jahren ist Steve Vegetarier, er kontert die Brüskierung mit: „Sag doch gleich: Vergewaltige mich!“ Ganz überraschend kommt das Liebes-Aus nicht, denn auch in der Verlobungszeit hat es zwischen dem Paar eine Reihe von Missverständnissen und höchst unterschiedlichen Ansichten zu alltäglichen Fragen gegeben. Denn Steve ist ein perfekter Frauenversteher – was die Frauen in seinem Umfeld aber immer wieder irritiert.

Theater Hamburg: Premiere musste wegen Schwächeanfall abgebrochen werden

„How to Date a Feminist“ heißt das komische Zwei-Personen-Stück der britischen Dramatikerin Samantha Ellis, das jetzt seine nachgeholte Premiere an den Hamburger Kammerspielen feierte. Vor einer guten Woche musste die Premiere abgebrochen werden, nachdem Hauptdarsteller Joseph Reichelt mit einem Schwächeanfall auf der Bühne zusammengebrochen war.

Doch der junge Schauspieler hat sich bestens erholt und glänzt ebenso wie seine Partnerin Neda Rahmanian mit fulminantem Spiel. Sechs Rollen müssen die beiden bewältigen: Reichelt spielt die Hauptfigur Steve sowie Kates ehemaligen Geliebten Ross und ihren Vater Joe, Rahmanian schlüpft in die Rolle von Kate und ist auch Steves Ex-Freundin Carina sowie dessen Mutter Morag.

„How to Date a Feminist“: Zwei Schauspieler teilen sich sechs Rollen

Das bedeutet für die beiden Schauspieler blitzschnelles Umschalten und rasante Kostümwechsel, was beide mit Bravour lösen. Regisseur Jonathan Heidorn inszeniert die kurzen Szenen Schlag auf Schlag mit viel Tempo und einem guten Gespür für Pointen. Überflüssig ist lediglich die Pause in diesem nur 90-minütigen Stück.

Samantha Ellis hatte sich vorgenommen, eine feministische „romantic comedy“ zu schreiben und dabei das Prinzip des „boy meets girl“ umzudrehen. Ihre Protagonistin Kate baggert bei einem Kostümfest als erotische Superwoman einen attraktiven Robin Hood an. Doch Steve ist alles andere als ein Draufgänger.

Schluffi-Robin Hood trifft auf sexy Superwoman

Er preist den Outlaw aus dem Sherwood Forest als Erfinder des Sozialstaates, erzählt, dass er in einem Friedens-Frauen-Camp aufgewachsen ist und Freude daran hat, altenglische Balladen zu lesen. Kates Outfit findet er eher anstößig als erotisierend, Steve ist ein echter Langweiler und das Gegenteil von Ross.

Der darf in der nächsten Szene als machohafter Aufreißer mit Superman-Unterhose den Affen machen, was Reichelt mühelos gelingt. Ein wirklicher Traummann ist in Ellis’ Szenario nicht wirklich dabei. Wie in solchen „Romcoms“ üblich, gibt es eine Reihe weiterer Verwicklungen und überraschender Wendungen.

Theater Hamburg: Eine perfekte Karikatur übertriebener politischer Korrektheit

Ellis karikiert in ihrem Stück übertriebene Haltungen politischer Korrektheit und erteilt auch Steves Entwurf eines feministischen Mannes eine Absage. Steve bringt es selbst auf den Punkt, wenn er über das Ende seiner Beziehung zu Carina spricht: „Carina liebte mich als Konzept, nicht als Mensch.“

Doch sein starres Liebeskonzept und seine nervige Zurückhaltung bieten reichlich Stoff für eine unterhaltsame Komödie. Auch Kates nicht eindeutiges Verhalten führt zu einem Gefühlschaos, das an Hollywoods Screwball-Komödien der 40er- und 50er-Jahre erinnert. Softies sind in ihrem Männer-Ranking nicht weit vorn vertreten: „Ich stehe auf Mistkerle“, sagt sie.