Hamburg. Internationales Musikfest: In der Elbphilharmonie begeistern die Symphoniker Hamburg mit Werken von Schnittke und Strauss.
Figuren der Weltliteratur, die weniger an ihrem Umfeld als an sich selbst und ihrer verirrten Suche nach Selbstfindung zerbrochen sind, haben den vor 25 Jahren in Hamburg verstorbenen Komponisten Alfred Schnittke in seinem Schaffen immer wieder interessiert.
Nur fünf Jahre vor der Uraufführung seiner Musik zu John Neumeiers Ballett „Peer Gynt“ nach Ibsen hatte er 1983 im Auftrag der Wiener Festwochen seine Faust-Kantate „Seid nüchtern und wachet“ vollendet, die am Sonntag in der Elbphilharmonie im Mittelpunkt eines Musikfestkonzerts der Symphoniker Hamburg und der Europa Chor Akademie Görlitz unter Andris Pogas Leitung stand.
Elbphilharmonie: Symphoniker Hamburg begeistern – es war ohrenbetäubend
Das dramatische Werk für ein Riesenorchester mit Orgel, Cembalo, Klavier, Celesta und sogar E-Gitarren, Saxofonen und einem gewaltigen Schlagwerkarsenal, vier Sängersolisten und Chor hatte Schnittke dann auch in seine letzte, an der Hamburgischen Staatsoper 1995 uraufgeführte Oper „Historia von D Johann Fausten“ nach dem 1587 erschienenen Volksbuch von Johann Spies eingehen lassen.
Es ist ein so klanggewaltiges Werk, dass es sogar die Wucht von Richard Strauss’ Tondichtung „Also sprach Zarathustra“ mit ihren berühmten Steigerungen in den Anfangstakten übertraf, mit dem der lettische Dirigent und jetzige Chef des Stavanger Symphony Orchestra den Abend begann.
Elbphilharmonie: Der „Sonnenaufgang“ wird eigentlich von jedem Orchester ekstatisch zelebriert
Ganz anders als bei Schnittke, wo Poga später die krassesten Lautstärken und blockartigen Steigerungen in voller Kraft zulassen sollte, suchte er in „Also sprach Zarathustra“ eher nach einem zurückhaltenderen Klangbild. Und das sogar beim „Sonnenaufgang“, den jeder von uns aus Film und Werbung im Ohr hat und der üblicherweise fast ekstatisch von jedem Orchester zelebriert wird.
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Bei Poga und den Symphonikern Hamburg waren die Abstufungen feiner wie überhaupt im ganzen Werk, in dem Strauss den Übermenschen Zarathustra nach Nietzsches literarischer Vorlage in seinem vielfach auch gebrochenen Wesen musikalisch nachzeichnet.
Für den Konzertmeister der Symphoniker, Adrian Iliescu, gab es zwischen den sehnsuchtsvollen lyrischen Partien und ihren für Strauss so typischen aufplatzenden Emotionswellen immer wieder anspruchsvolle Soli, die er meisterhaft spielte. Und es war hinreißend, wie das „Nachtwandlerlied“ mit ihm, zwei Solo-Klarinetten und vier Flöten inklusive Piccoloflöten ausklang.
Schnittkes Werk gibt das Böse schlicht der Lächerlichkeit preis
Bei Schnittkes Faust-Kantate dann steigerte sich das Geschehen nach einem leisen Beginn mit stockenden Figuren im Klavier und sanften Tamtam-Schlägen in ein fast ohrenbetäubendes und dissonanzreiches Fortissimo mit Orchester und Chor, bevor der Solo-Tenor Norbert Ernst facettenreich die „24 Jahre des Doktor Fausti“ vorzustellen begann.
Bevor der von Arttu Kataja markig gesungene Faust seinem unausweichlichen Ende entgegenging, erreichte das Werk seinen Höhepunkt in dem von Tanja Ariane Baumgartner und dem Countertenor Andrew Watts voller Ironie gesungenen Tango, wo Schnittke das Böse schlicht der Lächerlichkeit preisgibt.