Hamburg. Dvořák und Ravel: Altmeister Charles Dutoit dirigierte in der Laeiszhalle. Auch Pianist Nelson Goerner begeistert. Die Konzertkritik.
Sanft und fließend sind die Bewegungen von Charles Dutoit. Die langgezogenen, leisen Streicher- und Bläserakkorde der Symphoniker Hamburg können atmen. Mit wunderbarer Intensität hebt die Melodie im rund klingenden Englischhorn an und schwingt sich ein. Ein Hauch von Melancholie.
Es soll eine indianische Weise gewesen sein, von der sich Antonín Dvořák für den zweiten Satz seiner berühmten 9. Sinfonie „Aus der neuen Welt“ hat inspirieren lassen. Auch als es bewegter wurde, mit zarten Tremoli (Zittern) in den Streicher, bewahrte Dutoit die Ruhe. De 86-jährige Schweizer musizierte in der Laeiszhalle mit der Erfahrung seines langen Dirigenten-Lebens.
Konzert Hamburg: Symphoniker Hamburg in Höchstform
Souverän, klar und sprechend dirigierte er etwa den rezitativischen Anfang von Dvořáks Neunter. Wieviel hatte Charme das tänzelnde Scherzo und wieviel Energie das fulminante Finale! Bei so einem Könner seines Fachs liefen die Symphoniker Hamburg zu Höchstform auf. Dabei war zu Beginn Igor Strawinskis Sinfonische Dichtung „Der Gesang der Nachtigall“ (nach einem Märchen von Hans Christian Andersen) mitnichten ein Spaziergang für das Orchester.
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Verzwickte Rhythmen, heikle, aber magische Kombinationen der Bläser. Das mischte sich unter Charles Dutoits Taktstock ganz selbstverständlich zu einem sehr ausgewogenen, warmen Klang, brummende Kontrabässe, gestopfte Trompeten und flirrende Flötenklänge inklusive.
Konzert in der Laeiszhalle: Atemberaubende Virtuosität
Zwischen schillerndem Geheimnis und markanten Rhythmen pendelt auch Maurice Ravels Klavierkonzert D-Dur für die linke Hand, geschrieben für Paul Wittgenstein, den Bruder des Philosophen Ludwig Wittgenstein. Er hatte im ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verloren.
Den höllisch schweren Klavierpart – der klingt, als spielten zwei Hände – servierte Solist Nelson Goerner mit spielerischer Leichtigkeit, fein abgestuften Farben im Anschlag und atemberaubender Virtuosität.
Dass er genauso facettenreich mit zwei Händen spielen kann, zeigte er bei einer Brahms-Zugabe. Charles Dutoit und die Symphoniker Hamburg fühlten sich auch bei diesem Ravel-Konzert, das in manchen Passagen ein wenig nach dem legendären Bolero klingt und sich kleine Ausflüge in den Jazz erlaubt, ganz zuhause. Ein hochklassiges Konzert, für das vor allem der faszinierende Charles Dutoit am Schluss mit Standing Ovations zu Recht gefeiert wurde.