Hamburg. Der Konzertsaal erhält eine Rekonstruktion der historischen Walcker-Orgel von 1908. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ausgemustert.
Das Déjà-vu-Erlebnis ist gleich doppelt: Die „neue“Orgel für den Großen Saal der Laeiszhalle wird technisch so stilgenau wie möglich jenem Instrument entsprechen, das dort seit 1908 seinen Dienst am Werk erfüllte – bis diese wuchtig spätromantische Walcker-Orgel nach dem Zweiten Weltkrieg ausgemustert, ins Rheinland verkauft und durch ein stilistisch leicht fragwürdiges Nachfolgemodell ersetzt wurde.
Diese Beckerath-Orgel war zunehmend marode, seit 2016 fand der Spielbetrieb nur noch auf eigene Gefahr statt. Und eine der beiden Orgelbau-Firmen, die jetzt nach europaweiter Ausschreibung von der Kulturbehörde den Zuschlag bekamen, ist in der Hamburger Orgellandschaft nun wirklich keine unbekannte Größe: Philipp Klais aus Bonn hat unter anderem die Elbphilharmonie mit einer Hightech-Orgel bestückt und gerade erst auch St. Nikolai am Klosterstern mit einer Maßarbeit versorgt.
Laeiszhalle: Die neue Orgel erinnert an die vorletzte
Seine Bonner Firma soll mit den Walcker-Spezialisten rund um Markus Lenter aus Sachsenheim bis Herbst 2026 dafür sorgen, dass möglichst alles wieder so wird, klingt und aussieht wie früher. Aus- und Einbau dieser Konzertorgel, die die örtliche Orgellandschaft entscheidend bereichert, sollen in den nächsten zwei Saison-Sommerpausen stattfinden, um den Spielbetrieb nicht zu blockieren.
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Als die Pläne für diese Orgelbestellung 2019 konkreter wurden, ging man noch von 2,5 bis drei Millionen Euro als Endpreis aus. Daraus sind inzwischen rund 3,38 Millionen Euro geworden, nach wie vor gedeckt durch den Gesamtetat für die Generalsanierung der Laeiszhalle. Glück im Unglück der Vorgeschichte: Die Planunterlagen für die Original-Walcker-Orgel liegen noch vor, sodass man größtenteils auf vorhandenes Wissen aufbauen kann. Für Kultursenator Carsten Brosda endet damit eine Hängepartie, das Thema Laeiszhallen-Orgel sei „ganz lange Sorgenkind“ gewesen, „eine wunderbare Orgel, aber im falschen Saal“.
Laeiszhalle: Es wird wieder dunkel auf der Bühne
Auch Generalintendant Christoph Lieben-Seutter zeigte sich vorfreudig gestimmt: „Ich freue mich auf das Happy End einer langen Vorgeschichte, auf die Chance, nun eine Orgel zu haben, die so klingt, wie sie aussieht.“ Das allerdings ist relativ, denn Teil der historisch informierten Aufbaupraxis wird die Wiederherstellung des einstigen Orgelprospekts in der Bühnenmitte in dunkler, kontraststarker Holzoptik sein, wo früher unisono helle Farben dominierten.