Hamburg. Der neue Besitzer, eine Kirchengemeinde, trägt die hohen Ab- und Aufbaukosten. In der Hansestadt ist man erleichtert. Die Hintergründe.

Gesehen? Natürlich. Gehört? Eher nicht. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Orgel der Laeiszhalle ein Schattendasein geführt – jedenfalls wenn es darum ging, sie in Konzerten einzusetzen. Zwar sei die 1951 eingeweihte Beckerath-Orgel ein hochwertiges Instrument von handwerklich hervorragender Qualität, so Alexander Steinhilber, der Orgelbeauftragte der Stadt Hamburg, für einen Konzertsaal aber eher nicht geeignet.

Seit 2017 hatte sich deshalb eine Kommission mit der Frage beschäftigt, was zu tun sei, damit ein so bedeutender Konzertsaal wie die Laeiszhalle auch über eine entsprechende Orgel verfügt. Die bereits 2019 beschlossene Lösung: Die Beckerath-Orgel soll verkauft und durch einen Neubau ersetzt werden. Der Weg dahin war weit, aber nun hat sich ein Käufer gefunden: die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde im fränkischen Münchberg.

Konzerthaus Hamburg: Orgel zieht nach Münchberg

In der dortigen Dekanatskirche Peter und Paul soll das Instrument künftig erklingen. Dass der Preis bei gerade mal einem Euro liegt, hat einen Grund: Abbau in Hamburg, Transport nach Münchberg, Überarbeitung und Wiederaufbau werden etwa 400.000 Euro kosten – eine für die Kirchengemeinde nicht einfach aufzubringende Summe.

„Orgelsachverständige und Orgelbauer kamen zum Ergebnis, dass unsere Kirche bestens geeignet ist, um das volle Potenzial der Beckerath-Orgel zu entfalten“, sagt Pastor Christian Höllerer. „Dieser Klang wird Gottesdienste und Konzerte mit einer neuen Dimension musikalischen Genusses erfüllen.“

Orgel wird als „Klangdenkmal“ erhalten

Bei Konzerten wurde die Orgel der Laeiszhalle zuletzt nicht mehr eingesetzt.
Bei Konzerten wurde die Orgel der Laeiszhalle zuletzt nicht mehr eingesetzt. © imago stock&people

Erfreut ist man auch in Hamburg, weil es, so Alexander Steinhilber, darum gegangen sei, die Orgel als „Klangdenkmal“ zu erhalten, als Zeitzeugnis, das nicht ausgeschlachtet oder gar auf dem Schrottplatz landen sollte. Weshalb auch in internationalen Fachmagazinen Verkaufsanzeigen geschaltet und insgesamt zehn Gespräche mit Interessenten geführt wurden.

In Münchberg hat man sich vertraglich dazu verpflichtet, die „Klanglichkeit des Instruments“ für mindestens 20 Jahre zu erhalten. Sollte sich die Kirchengemeinde danach entschließen, die Orgel weiterzuverkaufen, hätte Hamburg ein Mitspracherecht.

Orgel für Laeiszhalle wird neu gebaut

Der Abbau in der Laeiszhalle soll nach allen erforderlichen Vorplanungen und -gesprächen spätestens in der Sommerspielpause 2023 erfolgen, wenn 14 Tage am Stück an der Orgel gearbeitet werden kann, ohne den Konzertbetrieb zu beeinträchtigen. Die Besucherinnen und Besucher der Laeiszhalle blicken danach übrigens immer noch auf die bekannte Fassade mit den großen Orgelpfeifen (das Prospekt), die erhalten bleibt. Das dahinter liegende Instrument selbst wird allerdings neu gebaut, für 2,5 bis drei Millionen Euro, die im 25-Millionen-Euro-Gesamtbudget für die Renovierung der Laeiszhalle enthalten sind.

Vermutlich wird dann eine detailgetreue Rekonstruktion der Walcker-Orgel installiert, die von der Eröffnung der
Laeiszhalle im Jahre 1908 bis Anfang der 50er-Jahre gespielt wurde. Doch dann, im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Krieg, war plötzlich der Wunsch nach einer „modernen Orgel“ da und gegen den Widerstand von Experten, die darauf verwiesen, dass das neue Instrument nicht als Konzertorgel für die Laeisz­halle tauge, wurde das Walcker-Modell durch die vermeintlich zeitgemäßere Beckerath-Orgel ersetzt. Für 102.000 D-Mark, bezahlt aus Mitteln des NWDR (heute NDR).

Carsten Brosda voller Vorfreude

Von der damals erst in ein Wuppertaler Theater, dann an die St. Engelbert-Kirche in Köln verkaufte Walcker-Orgel sind der Bauplan, das Werkbuch und weitere Aufzeichnungen über technische Details erhalten. Ein Orgelbauer, der von der Stadt Hamburg bisher noch nicht beauftragt wurde, könnte also darauf zurückgreifen.

Die Vorfreude bei Kultursenator Carsten Brosda ist groß. Für die Laeiszhalle, erklärt er, eröffne sich eine neue Perspek­tive, man könne nun den Abschluss der umfangreichen Sanierungsarbeiten mit einer passenden Orgel krönen. „Die neue Orgel kann an die gute Tradition der ursprünglichen Orgel anknüpfen und wieder den ganzen Konzertsaal mit ihrem Klang füllen.“

Konzerthaus Hamburg: Laeiszhalle wird aufgewertet

Christoph Lieben-Seutter, Generalintendant von Elbphilharmonie und Laeiszhalle, ergänzt, Ziel der Generalsanierung sei es ja, „die traditionsreiche Laeiszhalle wieder in jeder Hinsicht zu einem erstklassigen Konzerthaus zu machen. Dazu gehört auch der Einbau einer Orgel, die perfekt auf die akustischen Gegebenheiten des Großen Saales abgestimmt ist.“ Nach den positiven Erfahrungen mit der Orgel der Elbphilharmonie sei er „mehr als optimistisch“, dass dies auch in der Laeiszhalle gelingen werde.

Auf dass künftige Besucher und Besucherinnen der Laeiszhalle künftig nicht nur wissen, wie die Orgel-Vorderfront aussieht, sondern auch erleben können, wie das Instrument klingt.