Hamburg. Raphaël Pichon und sein Ensemble Pygmalion widmeten sich in der Elbphilharmonie dem Werk von Johann Sebastian Bach.
Auch Genies fallen nicht vom Himmel. Sie waren mal jung, haben von großen älteren Kollegen gelernt. Der 20-jährige Johann Sebastian Bach, bereits Organist in Arnstadt, dehnte einen bezahlten „Weiterbildungsurlaub“ in Norddeutschland von ein paar Wochen auf drei Monate aus, und sagte danach zu seiner Rechtfertigung, er habe „ein oder anderes in seiner Kunst begreifen“ wollen.
400 Kilometer pilgerte er zu Fuß nach Lübeck, um den damaligen Star-Komponisten Dietrich Buxtehude zu „behorchen“.
Welches musikalische Umfeld Johann Sebastian Bach geprägt hat, das war die Idee der dreiteiligen Reihe „Wege zu Bach“ des französischen Dirigenten Raphaël Pichon und seines Ensembles Pygmalion. Das letzte Konzert – mit drei Buxtehude-Werken – fand im fast voll besetzten Großen Saal der Elbphilharmonie statt.
Elbphilharmonie: Die Wege zu Bach im Hamburger Konzerthaus
Zu Bachs musikalischer Welt zählten auch die vielen Komponisten aus der eigenen Familie. Einer hatte es Johann Sebastian besonders angetan, ein „geliebter Onkel“, „ein profonder Componist“, Johann Christoph, Cousin seines Vaters.
Dessen dramatische Motette „Es erhub sich ein Streit im Himmel“ stand am Anfang. Mit vier Trompeten und grimmig grollenden Paukenwirbeln bekämpfen sich Engel und Teufel und werden aus dem Himmel auf die Erde geworfen, wo sie weiter streiten, bis Gott seinen Sohn Jesus schickt. Großartige Musik!
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Um Hilfeschreie Verzweifelter ging es in „De profundis“ (Aus der Tiefe rufe ich) von Nicolaus Bruhns, einem Schüler von Dietrich Buxtehude. Der bittet in „Nimm von uns, Herr …“ um Straferlass wegen begangener Sünden, um dann in „Benedicam Dominum“ (Ich will den Herrn loben), die Güte Gottes zu preisen, mit Pauken und Trompeten, vollem Chor und Solisten.
Und noch einmal Buxtehude nach der Pause: „Herzlich lieb hab ich dich“, eine eindringliche Kantate mit fünfstimmigem Chor um Gottvertrauen und Gnade für die sterbende Seele.
Alle Komponisten dieser viel zu selten erklingenden, erstklassigen Musik sind viel mehr als „Vorläufer von Bach“. Johann Sebastian wusste, warum er sie studierte. Am Schluss dann eine frühe Bach-Kantate „Christ lag in Todesbanden“, Höhepunkt des Konzertes.
Bach in der Elbphilharmonie – mit hervorragenden Bläsern
Hier waren Raphaël Pichon und sein exzellentes Ensemble in ihrem Element. Es war deutlich hörbar, dass ihnen Johann Sebastian Bach am vertrautesten ist. Die sogenannte „vorbachsche“ Musik haben sie auch gut vermittelt, doch sie kam weniger selbstverständlich rüber als die Kantate von Johann Sebastian. Eindrücklich waren die hervorragenden Bläser, der homogene Klang der Streicher.
Der Text ist in dieser stark von der Sprache her komponierten Musik sehr wichtig. Leider war er an vielen Stellen nicht gut zu verstehen, es kann auch an der für Chormusik und Gesang immer wieder problematischen Elbphilharmonie-Akustik gelegen haben. Aber die fantastisch intensive und spannende Bach-Kantate zum Schluss ließ das vergessen.