Hamburg. Der kanadische Pop-Entertainer unterhielt 10.000 Fans 105 Minuten lang vortrefflich. Aber war es die versprochene „größte Show der Welt“?
„Alles, was ihr mir heute Abend gebt, ich schwöre, ich gebe es euch tausendmal zurück“, versprach Michael Bublé vor vier Jahren bei seinem Konzert in der Hamburger Barclays Arena, und auch wenn er anschließend zwei Stunden lang ein Crooner-Feuerwerk abfeuerte, schien der kanadische Sänger am Ende beim Song „You Were Always on My Mind“ noch genug Dampf auf dem Kessel seiner außergewöhnlichen Stimme zu haben, um die komplette Show direkt noch einmal zu spielen.
Tja, da kam doch einiges dazwischen, eine Pandemie zum Beispiel, aber am Freitag ist Bublé wieder da, gefeiert von 10.000 Fans. Und tatsächlich beginnt das Konzert wie 2019 mit „Feeling Good“ und „Haven’t Met You Yet“, aber das ist es dann auch vorerst mit Wiederholungen.
Michael Bublé beweist beim Konzert in Hamburg seine Gastgeberqualitäten
2022 erschien mit „Higher“ ein Album, das ihm den fünften Grammy bescherte und auf dem er wie auf seiner Durchbruchplatte „Michael Bublé“ vor 20 Jahren seine Stärken ausspielt. Eigenkompositionen treffen auf Jazz-Klassiker, Pophits und Favoriten aus dem Great American Songbook. Wobei mittlerweile aber Legenden wie Paul McCartney oder Willie Nelson längst selbst mitwirken, wenn Bublé einen ihrer Songs interpretiert.
Denn wenn Michael Bublé etwas wirklich gut kann (neben Gesang), dann ist es ein hervorragender Gastgeber zu sein. Ob beim Produzieren von Liedern oder als Entertainer auf der Bühne.
Er macht den Eindruck eines Hochzeitssängers (was er für Freunde immer noch gern tut), verringert den Abstand zwischen Künstler und Fan mit Worten, Gesten, Witzen, Zoten, Anekdoten und hat eine ihm gegebene Empathie, die den Saal und die Gefühle des Publikums geradezu lesen kann.
Michael Bublé: Die „größte Show der Welt“ war es eher nicht
Und das will etwas heißen bei der Produktion, die Bublé und sein Team auf der aktuellen Tour aufbieten. Tickets für seine Shows sind alles andere als günstig, 80 bis 300 Euro je nach Kategorie. Allerdings macht Bublé dafür im Gegensatz zu manch anderen Künstlerinnen und Künstlern keine sichtbaren, durch höhere Produktions-, Energie- und Personalkosten bedingten Abstriche.
Auf der Bühne, die von einem großen, gekippten und leuchtenden Rechteck umrahmt wird, tummelt sich wieder eine komplette Bigband mit Streichern, Bläsern, Dirigent und allem Drum und Dran. Eine große und vier kleine Leinwände zeigen Einspieler, bunte Grafiken („L O V E“) oder Detailaufnahmen der 30 Musikerinnen und Musiker.
Ob das jetzt die „größte Show der Welt“ ist, die Bublé im Vorfeld im „Focus“-Interview versprochen hatte, darf bezweifelt werden. Aber sehens- und hörenswert ist das Gebotene allemal, angefangen beim Eröffnungsfunkenflug, der Bublés Fahrstuhlfahrt von unten auf die Bühne illuminiert. Schnell geht er auch auf Tuchfühlung mit dem Publikum auf einer weit in den Innenraum ragenden Rampe, die an einer zweiten kleinen Bühne in der Mitte endet. Das fängt gut an.
„Das ist kein Konzert, das ist eine Party“, verspricht Bublé, der am Nachmittag den St. Patrick‘s Day im Irish Pub im Fleetenkieker an der Börsenbrücke gefeiert hat. Okay. Eine Party, aber gediegen mit „L O V E“, „Such A Night“, „Sway“ und „When You‘re Smiling (The Whole World Smiles With You)“: Swing trifft Rock ’n’ Roll trifft Salsa trifft Jazz. Man möchte glatt das eh überflüssige Gestühl aus der Halle schieben für mehr Raum zum Paartanz – oder stattdessen an Rundtischgruppen schwere Drinks kippen wie Bublé in den wilden frühen Jahren seiner Karriere.
Michael Bublé zitiert auf der Bühne der Barclays Arena seine Helden
„Ist das heiß hier, ich wünschte, eure Arena hätte eine Klimaanlage“: Wiebke fängt Bublés in die Reihen geworfenes Schweißtuch (und leckt es ab), die Bläser schwenken Blech und Holz synchron, aber bevor es wirklich wild wird, bremst die Ballade „Home“ lieber ab. Streicherschmelz im Handy-LED-Meer. Dafür rumst sein aktueller Album-Titelsong „Higher“, so wie das Bee-Gees-Cover „To Love Somebody“ … ääh … bumst: „Bublé-Man hilft euch, Babys zu machen“, ruft er und singt in ein ihm hingehaltenes Smartphone.
Aber ob das wirklich zum Babymachen anregt, wenn der ihm besonders ergebene Teil des Publikums nicht einmal Augen für das fantastische, tanzwütige Background-Gesangstrio hat, sondern nur für Bublé? Aber der, verheiratet und vierfacher Vater, wird sich diese Frage bei „Fever“ wohl ebenso wenig stellen wie seine an diesem Abend zitierten Helden Frank Sinatra, Dean Martin, Barry White und Elvis.
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Stattdessen gibt es Bäder in der Menge inklusive Kuschelselfies, ein Rock-’n’-Roll-Medley auf der Zweitbühne, eine Riesenportion Konfetti, Klassiker wie „You‘re The First, The Last, My Everything“ und „Cry Me A River“ (mit 007-Pomp) und vier Zugaben, die wie 2019 mit „Always On My Mind“ im tobenden Saal enden.
Nicht die größte Show der Welt, aber ein schöner, bunter und 105 Minuten langer Konzertabend zum Schweißtuchschlecken. Vielleicht erreicht Michael Bublé nicht den Charme und die Chuzpe (und die eigenen Hits) eines Robbie Williams, der kürzlich dreimal die Barclays Arena ausverkaufte. Dafür ist Bublé aber im Gegensatz zu Robbie auch in den USA ein Star. Das ist doch auch was.