Hamburg. Im Schauspielhaus kamen Kulturschaffende zusammen, um Solidarität zu zeigen. Vieles brannte sich den Besuchern ein.

Der junge Mann grinst. Obwohl ein blauer Strick um seinen Hals geknotet ist. Der höhnisch grinsende Mann heißt Madjid Kawussifar. 2007 wurde er in Teheran wegen des Mordes an einem Richter öffentlich gehängt. Im Hamburger Schauspielhaus wird sein Bild auf eine Leinwand projiziert.

Es brennt sich den Zuhörern ein, während darunter Thalia-Schauspielerin Barbara Nüsse einen Text aus Navid Kermanis Buch „Dein Name“ liest. Es ist die Beschreibung der Umstände, die zu Kawussifars Verurteilung und seinem Tod geführt haben. Nüsse und der später aus Köln zugeschaltete Kermani sind Teil einer weltweiten Lesung iranischer Literatur unter dem Titel „Frau Leben Freiheit“.

Publikum spendet 6000 Euro für Freiheitsbewegung im Iran

Die wichtigen Kultureinrichtungen der Stadt und die Hamburger Politik, vertreten durch Bürgermeister Peter Tschentscher, Kultursenator Carsten Brosda und den Bürgerschaftsabgeordneten Danial Ilkhanipour (alle SPD) sind bei der hochkarätig besetzen und von Michel Abdollahi moderierten Solidaritätsveranstaltung im Schauspielhaus dabei – bei dieser spendete das Publikum 6000 Euro für die Freiheitsbewegung im Iran.

Es geht an diesem Abend darum, seine Stimme gegen das despotische Mullah-Regime im Iran zu erheben, das auf brutalste Weise das iranische Volk unterdrückt und nicht einmal davor zurückschreckt, Kinder auf offener Straße von seinen Revolutionsgarden erschießen zu lassen. „Es geht darum, Öffentlichkeit zu schaffen für die Freiheit und die Selbstbestimmung der Menschen im Iran“, sagt Schauspielhaus-Intendantin Karin Beier zur Begrüßung.

Schauspielhaus – Abdollahi: Untaten des Regimes anprangern

Michel Abdollahi ermahnt die etwa 1000 Zuhörer im fast ausverkauften Saal, den Kampf der Iraner auch in Zukunft zu unterstützen und Druck auf Politiker auszuüben, Sanktionen zu verhängen und die Untaten des Regimes anzuprangern.

Gelesen werden aktuelle Texte, aber auch Gedichte und Prosa aus der Jahrhunderte alten persischen Literatur. Von Ferdosi, der vor mehr als 1000 Jahren das Nationalepos „Buch der Könige“ geschrieben hat, ebenso wie von Dichtern wie Saadi oder Nizami.

Um den Zuhörern die Schönheit der persischen Sprache zu zeigen, werden einige Texte sowohl auf Deutsch als auch auf Persisch vorgetragen. Die Schönheit der mittelalterlichen Lyrik steht in krassem Kontrast zu aktuellen Texten wie dem von Kermani oder der ausführlichen und kaum zu ertragenden Beschreibung von Folterungen und Vergewaltigungen in iranischen Gefängnissen.

Aufstand im Iran – Jina Masha Aminis Tod als Auslöser

Ausgelöst wurde der aktuelle Aufstand im Iran vom Tod der 22 Jahre alten Jina Mahsa Amini durch Schergen der Sittenpolizei am 16. September. Iranische Frauen protestierten als erste gegen die islamische Kleiderordnung und den Zwang, ein Kopftuch zu tragen, und gegen die Übergriffe des Staates. Inzwischen haben sich weite Teile der iranischen Gesellschaft den Protesten angeschlossen, die die Ablösung des Mullah-Regimes fordern.

Kultursenator Carsten Brosda trat auch im Schauspielhaus auf. Insgesamt wurden 6000 Euro an Spenden für die Protestbewegung gesammelt.
Kultursenator Carsten Brosda trat auch im Schauspielhaus auf. Insgesamt wurden 6000 Euro an Spenden für die Protestbewegung gesammelt. © Marc Huth | Marc Huth

Kultursenator Carsten Brosda liest zum Abschluss des Schauspielhaus-Abends einen Brief, den die deutsch-iranische Schriftstellerin Shida Bazyar an Jina Amini veröffentlicht hat. „Die Schergen hassen Frauen“, schreibt sie. Aber sie hassen auch Männer. Am Donnerstag wurde der 23 Jahre alte Mohsen Schekari hingerichtet. Ein weiteres Opfer eines unmenschlichen Systems, das auch Madjid Kawussifar ermordet hat.