Hamburg. Indonesische Künstler sind Teil des Kollektivs, das als Kurator den Antisemitismus-Skandal bei der Documenta ausgelöst hatte.
Hamburgs Wissenschaftssenatorin hat sich kritisch zur Gastprofessur zweier Mitglieder des wegen Antisemitismusvorwürfen umstrittenen indonesischen Documenta-Kuratorenkollektivs an der Hochschule für bildende Künste (HFBK) Hamburg geäußert. Das Hochschul-Präsidium hatte die Einladung als Eröffnung eines „Diskussionsraums“ bezeichnet und darauf hingewiesen, dass die Entscheidung bereits im Dezember 2021 gefallen sei.
„Die Antisemitismusvorwürfe bei der documenta fifteen wiegen schwer“, erklärte Katharina Fegebank (Grüne) am Montag. Sie beträfen auch das Kollektiv Ruangrupa, dem Reza Afisina und Iswanto Hartono angehörten, „und sie stehen in der Verantwortung, diese Vorwürfe aufzuklären“. Es dürften keine offenen Fragen im Raum stehen, wenn Mitglieder des Kollektivs in Hamburg lehren sollen. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) fördert die Gastprofessuren. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) protestiert dagegen.
Antisemitismus: Fegebank kritisiert Berufung, Beck spricht von "fatalem Signal"
Die Wissenschaftsbehörde führe bereits Gespräche mit der HFBK. „Eine Auseinandersetzung mit den offenen Fragen bedarf es nicht nur innerhalb einer künstlerischen Hochschule und im Rahmen der Wissenschafts- und Kunstfreiheit, sondern auch mit der Öffentlichkeit“, sagte Fegebank. Man sei mit der HFBK im Austausch, dafür ein Format anzubieten. „Hierbei muss völlig klar sein, dass Antisemitismus kein Aushandlungsthema ist. Bei antisemitischem Gedankengut gibt es keine Kompromisse“, sagte sie.
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DIG-Präsident Volker Beck hatte an das Auswärtige Amt geschrieben, er sehe in Afisanas und Hartonos DAAD-Gastprofessuren einen „Award für ihr antisemitismustolerantes Kuratieren“. Es sei „ein fatales Signal für die deutsche auswärtige Kulturpolitik und das Bekenntnis zu Israels Sicherheit und Existenz im Koalitionsvertrag“. Auch die Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion übte Kritik an den Gastprofessuren. Spätestens im Sommer nach den documenta-Vorwürfen hätte „die Reißleine“ gezogen werden müssen, hieß es.
Antisemitismus: Gastprofessur soll "aufgearbeitet" werden
Von DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee hieß es, alle Förderungen durch den DAAD beruhten auf den Förderempfehlungen von unabhängigen Auswahlkommissionen. Der DAAD habe auf die fachliche Empfehlung, die Grundlage der Förderentscheidung sei, keinen Einfluss genommen, „weder im laufenden Verfahren noch im Nachgang“.
Der DAAD gehe davon aus, dass mit den Gastprofessuren die Diskussionen „auch mit Blick auf die im Raum stehenden Antisemitismusvorwürfe adressiert und aufgearbeitet werden“, hieß es. Mukherjee sei „dankbar, dass unsere diesbezüglichen Erwartungen aufgegriffen werden“. Dies solle unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Institut für Sozialforschung erfolgen. Reza Afisina und Iswanto Hartono sollen am Mittwoch bei der Semestereröffnung der Hochschule für bildende Künste als Gastprofessoren des Deutschen Akademischen Austauschdienstes vorgestellt werden.
„Die Hamburger Hochschulen sind autonom in der Berufung ihrer Gastprofessuren, dies ist von der Wissenschaftsfreiheit gedeckt“, sagte Fegebank. Hochschulen müssten Orte der kritischen Diskussion sein. „Aber die Wissenschaftsfreiheit kann und darf niemals Freibrief für antisemitisches Gedankengut sein.“