Hamburg. Kontraste und ein Blick über den Atlantik erwarten die Zuschauer. Die Kartenlage für die Konzerte ist gut.
Koproduktionen und andere Ko-Worte sind sehr beliebt im Kulturbereich, denn sie bieten etwas, das sich mit dem schönen Begriff Synergie verbrämen lässt: Die Beteiligten können sparen. Ideen, Geld, Zeit. Kleiner Nachteil am Rande: Sind sie einmal bekannt, ist der Neuigkeitswert verbraucht. Das NDR Elbphilharmonie Orchester haben in dieser Hinsicht die Hunde gebissen (naja, vielleicht eher gezwickt), denn vieles von dem, was der Klangkörper in der kommenden Saison vorhat, hatte die Elbphilharmonie selbst schon am Dienstag bei ihrem Ausblick auf die Saison 2022/23 mit abgefrühstückt. Weshalb sich der NDR-Klangkörperchef Achim Dobschall am Donnerstag bei der Programmvorstellung des Orchesters auf einige spezifische Linien konzentrierte.
Zur „Opening Night“ am 2. und 3. September spielt das Orchester die „Auferstehungssinfonie“ von Gustav Mahler, natürlich unter Leitung des Chefdirigenten Alan Gilbert. Wer durch die Programmbroschüre blättert, stößt durchaus auf das bewährte Konzertmuster Ouvertüre / Solokonzert / Sinfonie mit viel 19. Jahrhundert.
NDR Elbphilharmonie Orchester stellt Saison vor
So dirigiert Pablo Heras-Casado am 2. Oktober das Elgar-Cellokonzert und Brahms‘ Vierte; Rudolf Buchbinder übernimmt den Solopart beim Klavierkonzert von Schumann, die Leitung hat Marek Janowski, auch bei Brahms‘ Zweiter (16.6.23); der langjährige Konzertmeister Roland Greutter spielt als – eine – Abschiedsvorstellung Mendelssohns Violinkonzert e-Moll, und dazu dirigiert Christoph Eschenbach Bruckners Dritte (15./18.12.).
Aber es überwiegen deutlich die Programme mit kleinen Störfaktoren, die den Reiz erhöhen. Sei es, weil man Mozart mit der Ikone der amerikanischen Moderne Samuel Barber kontrastiert wie am 8., 9. und 10. Dezember, sei es, weil sich ein Programm auf das 20. Jahrhundert konzentriert wie Sakari Oramo (12./13.1). Oder einen Blick über den Atlantik wirft wie das Programm zum Jahreswechsel – die ARD überträgt es als Silvesterkonzert.
Saisonvorschau: Festival „Elbphilharmonie Visions“ findet im Februar statt
Gilbert setzt sich seit jeher vehement für die zeitgenössische Musik ein. Das zehntägige Festival „Elbphilharmonie Visions“, das im Februar mit zweijähriger Verspätung steigt, trägt seine Handschrift. Natürlich wird der 100. Geburtstag von György Ligeti gefeiert, am 30. März mit Stefan Asbury am Pult. Und im Mai geht das „Multiversum Salonen“ weiter. Im zweiten Programm dirigiert Salonen sein neues Orgelkonzert mit Iveta Apkalna als Solistin. Als konzertante Oper kommt am 26. und 28. Mai 2023 Gershwins „Porgy and Bess“ auf die Bühne des Großen Saals.
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Ein Jude schreibt über das Schicksal Schwarzer, das gibt aus heutiger Sicht Anlass zu Diskussionen etwa über kulturelle Aneignung. Gilbert diskutiert darüber in dem Podcast „About Music“, einem der zahlreichen digitalen Angebote des Orchesters.
Und die Kartenlage? Die ist gut, teilen die Verantwortlichen mit. Will sagen, gut fürs Publikum. Die Nachfrage hat noch nicht wieder das alte Niveau erreicht, und ohnehin hält der NDR Kontingente für die Abendkasse zurück. Wer hätte sich das vor ein paar Jahren träumen lassen?