Hamburg. Riccardi Minasi wird „Principal Guest Conductor“. Ensemble begibt sich auf die Spuren des begabtesten Erotikers der Musikgeschichte.

Es ist Liebe. Riccardo Minasi formuliert das so: „Was für mich an der Arbeit mit dem Ensemble Resonanz vom ersten Moment an aufregend war, war die Liebe, mit der es jedem Komponisten begegnete, dem wir uns näherten.“

Allein wie das Ensemble die Vorschau seine Saison 2022/23 gestaltet hat – übrigens die erste vollständige seit drei Jahren –, verrät diese Liebe. Liebe zur Kunst, Liebe zum Detail, das ja immer für etwas Größeres steht. Die Texte für das Jahresprogramm, das in dieser Woche vorgestellt wurde, hat die Dichterin Uljana Wolf verfasst. Poesie statt Marketingsprech.

Konzerte in Hamburg: Riccardi Minasi wird Erster Gastdirigent

Riccardi Minasi, derzeit noch Artist in Residence, ist ab der kommenden Saison Principal Guest Conductor. Erster Gastdirigent. Er hat mit dem Ensemble Gipfel der Interpretation erstürmt, deren Existenz man sich vorher nicht hätte träumen lassen. Für das erste Konzert ihrer Flaggschiff-Reihe „Resonanzen“ begeben die Beteiligten sich am 21. September auf die Spuren des begabtesten Erotikers der Musikgeschichte. Das war natürlich Mozart. Zwischen die Sätze der Haffner-Sinfonie flechten sie Opernarien, und im Herzen des Programms steht die „Lyrische Suite“ von Berg, ein codierter Liebesbrief an seine heimliche Flamme Hanna Fuchs.

Liebe ist ein großes Wort, man soll es nicht überstrapazieren. Aber es ist mindestens unbedingtes Engagement dabei, wenn die Künstler sich im dritten Resonanzen-Konzert der Schicksale von Geflüchteten annehmen. Georges Aperghis hat dafür sein Werk „Migrants“ erweitert, es dirigiert Emilio Pomàrico (18.1.23).

„urban string“, die kreative Spielwiese der Resonanzler, feiert im August ihre 100. Ausgabe mit einer Open-Air-Veranstaltung in der Hanseatischen Materialverwaltung. Bei den weiteren Programmen, dann wieder im Resonanzraum, steht noch nicht alles fest, die Planungsvorläufe sind kürzer, es ist Platz für Spontaneität – und Vergnügen, wie der Konzertmeisterin Juditha Haeberlin bei der Vorstellung deutlich anzumerken war.

Ensemble Resonanz spielt in der Elbphilharmonie

Natürlich ist das Ensemble in Hamburg noch vielfältig anderweitig präsent. Als Residenzensemble der Elbphilharmonie wirkt es bei dem neuen Festival „Visions“ mit und spielt am 6. Februar 2023 Werke von Lachenmann und Isabel Mundry. Wiederum unter der Leitung von Minasi spielen die Musiker Bellinis „Norma“ konzertant (27.1.23). Auf Kampnagel sind sie mit zwei interdisziplären Produktionen zu erleben. Und in der Staatsoper begleiten sie im Dezember und Januar das Hamburg Ballett bei John Neumeiers Choreografie „Dona nobis pacem“.

Auch auswärts zieht die Reputation dieses Kollektivs von Überzeugungstätern immer weitere Kreise. Kommende Saison ist es Ensemble in Residence in der Kölner Philharmonie sowie im September beim Beethovenfest Bonn.

Viel Ehre, viel Ruhm. Ihre Vermittlungsarbeit nehmen sie dennoch weiter ernst, bitten zu „Ankerangeboten“ im Resonanzraum, Elfi-Babykonzerten und Konzerten für Menschen mit Demenz. Und auch ihre virtuellen Formate, zu finden unter resonanz.digital, entwickeln sie weiter. Mit Akribie. Und mit Leidenschaft.