Hamburg. Konzerthaus stellt neues Programm vor: Klassik, Sufi und Afrofuturism – sowie große Namen wie Esa-Pekka Salonen und Angélique Kidjo.

Stars einzukaufen, tolle Orchester einzuladen ist keine große Kunst, wenn man das Geld hat. Und die Elbphilharmonie hat Geld. Aber Namenhüllen müssen auch mit gutem Inhalt gefüllt werden. Und da hat das Team um Intendant Christoph Lieben-Seutter gute Ideen und das Händchen für eine ansprechende und bunte Mischung. Die Saison 2022/23 ist mit den bewährten Baukästen bestückt: Top-Orchester und -Solisten, Residenzkünstler, Oper konzertant, Musikvermittlungsprojekte, kleine Festivals von Klassik, Jazz bis Weltmusik.

Gleich zum Saison-Auftakt kommen „Die Amerikaner“: das Pittsburgh Symphony, das Philadelphia und das Cleveland Orchestra zeigen ab dem 24. August die Perfektion der US-Orchester. Spannend dürfte das Programm des Philadelphia Orchestra unter Yannick Nézet-Séguin sein, der Musik amerikanischer Komponistinnen mitbringt.

Elbphilharmonie: Programm für die neue Saison 2022/23 vorgestellt

Später in der Saison gibt es einige Orchester-Termine, die man sich merken sollte: die Wiener Philharmoniker (5.9.) und das San Francisco Symphony (15./16.3.23) unter Esa-Pekka Salonen. Der Finne stellt damit weiter sein schon in dieser Saison begonnenes „Multiversum“ als Dirigent und Komponist vor. Dann kommt das exzellente, aber zu selten zu hörende Tonhalle-Orchester Zürich unter seinem Chef Paavo Järvi mit Musik von Messiaen, Bruckner oder Fazil Say (10.-12.11.).

Teodor Currentzis hat sich ausdrücklich gewünscht, nicht in der Elbphilharmonie aufzutreten.
Teodor Currentzis hat sich ausdrücklich gewünscht, nicht in der Elbphilharmonie aufzutreten. © picture alliance / Sergei Fadeichev/TASS/dpa

Große Dirigenten geben sich auch in dieser Saison die Klinke in die Hand. Simon Rattle stellt sich mit seinem zukünftigen Ensemble, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks vor (8.2.), Vasily Petrenko wird das Royal Philharmonic Orchestra leiten (26.1.), und natürlich fehlt auch Superstar Teodor Currentzis nicht. Er hat sich ausdrücklich gewünscht, nicht in der Elbphilharmonie aufzutreten, sondern in der guten alten, akustisch noch immer besseren Laeiszhalle (4.-8.4.22).

Teodor Currentzis will nicht in der Elbphilharmonie auftreten

Ob er allerdings mit seinem von einer russischen Bank gesponserten Ensemble MusicAeterna kommen kann oder es ein anderes Orchester sein muss, steht noch in den Sternen. Geplant ist u. a. Musik von Bach und Rachmaninow. Lohnendes Extra sollen Meisterklassen, Workshops und Kammerkonzerte sein.

Barbara Hannigan ist in Hamburg längst ein Publikumsliebling.
Barbara Hannigan ist in Hamburg längst ein Publikumsliebling. © Elmer de Haas

Vier Termine mit der Vollblutmusikerin Barbara Hannigan (ab 8.2.-2.5.23) als Residenzkünstlerin sollte man sich nicht entgehen lassen. Die kanadische Sopranistin und Dirigentin ist spätestens seit ihrer „Performance“ als Alban Bergs Lulu an der Hamburgischen Staatsoper zum Publikumsliebling der Hansestadt geworden. Sie singt und sie dirigiert unteranderem das London Symphony Orchestra und die Göteborger Symphoniker, mit Musik von Hildegard von Bingen, Bach bis Offenbach und Kurt Weill.

Jubiläen sind Pflichtprogramm, und da der Karlsruher Komponist Wolfgang Rihm im März seinen 70. Geburtstag feierte, stellen das Cleveland Orchester (1.9.), das Ensemble Modern (22.10.) und Bariton Georg Nigl (24.10.) einen Querschnitt aus dem umfangreichen Werkkatalog eines der bekanntesten deutschen Komponisten vor.

Elbphilharmonie: Ungewohnte Klänge bietet die „Reflektor“-Reihe

Wer hat Angst vor Musik des 20. Jahrhunderts, damit lockte der Ex-Generalmusikdirektor Ingo Metzmacher vor Jahren sein Publikum in die Silvester-Konzerte. Vor Wolfgang Rihms Musik muss man keine Angst haben, sie geht gut ins Ohr. Und auch sonst gibt’s im Elbphilharmonie-Programm keine Scheu vor ungewohnten neuen Klängen. Da werden die 2021 coronabedingt ausgefallenen „Elbphilharmonie Visions“ im Februar 2023 erstmals an den Start gehen. In Kooperation mit dem NDR präsentiert man Komponisten wie Nicholas Hodges, Matthias Pintscher oder die Schwedin Lisa Streich. Mit dabei ist unter anderem das Ensemble Intercontemporain aus Paris.

Ungewohnte Klänge, die die Ohren weiten, bietet einmal mehr die „Reflektor“-Reihe, diesmal im Fokus: die beninisch-französische Singer-Songwriterin Angélique Kidjo (9.-12.3. 2023), die Stars wie den libanesischen (Jazz-)Trompeter Ibrahim Maalouf und den französischen Pianisten Alexandre Tharaud mitbringt.

Die beninisch-französische Singer-Songwriterin Angélique Kidjo ist Mittelpunkt der „Reflektor“-Reihe.
Die beninisch-französische Singer-Songwriterin Angélique Kidjo ist Mittelpunkt der „Reflektor“-Reihe. © Fabrice Mabillot

Saison 2022/23: Sufi-Festival in der Elbphilharmonie

Bereits im November dürfen sich Fans von Sufi-Musik auf ein dreitägiges Festival freuen (25.-27.11.), und wer schon immer wissen wollte, was „Afrofuturism“ ist, muss sich sechs Termine vom 17.8. bis 13.11. notieren. Die afroamerikanische Kultur entwickelte nach dem zweiten Weltkrieg eine Musikrichtung, die technischen Fortschritt wie die Mondlandung, Science-Fiction-Literatur und gesellschaftliche Themen wie Rassismus und mehr einbezieht.

Wem das zu extrem ist, der findet vielleicht beim nächsten Internationalen Musikfest unter dem Motto „Liebe“ (ab 30.4. 2023) etwas passendes. Und in der Reihe „Oper konzertant“ kann man einige Gesangsstars erleben: Magdalena Kožená in Händels „Alcina“ (13.2.), Julia Lezhneva in Mozarts „Così fan tutte“ (27.3.) oder Cecilia Bartoli in „La Clemenza di Tito (3.12.). Einzelkarten gibt es ab dem 8. Juni – Abonnements ab sofort.