Hamburg. Konzert mit vielen Facetten und starker Solistin: Iván Fischer dirigierte das Budapest Festival Orchestra. Überraschung bei der Zugabe.
Was für eine hübsche Geste! Und eine echte Überraschung. Für ihre Zugabe legen die Musikerinnen und Musiker des Budapest Festival Orchestra alle Instrumente aus der Hand und stellen sich in Stimmgruppen auf. Man wolle mal ausprobieren, wie ein Chor mit Maske in der Elbphilharmonie klingt, sagt Iván Fischer – und dirigiert ein a cappella-Ständchen von Dvorak.
Der sympathische Schlusspunkt eines Konzerts, dessen Beginn allerdings noch etwas verhalten gewirkt hatte. Und zwar nicht nur, wenn man die Starkstrom-Intensität von Klaus Mäkelä und dem Concertgebouw Orchester vom vergangenen Wochenende als Maßstab anlegt.
Iván Fischer installierte eine verschmitzte Gelassenheit als Grundhaltung, er setzte eher auf machen lassen als auf mitreißen. Das ist natürlich legitim, bekam aber der Musik von Robert Schumann nur mittelgut. Im Konzertstück für vier Hörner waren die Orchestersolisten – ganz vorn an der Rampe und damit im Rücken des Dirigenten positioniert – oft auf sich allein gestellt und kosteten die herrlichen Melodien und romantischen Farben vielleicht auch deshalb eine Spur zu vorsichtig aus.
Elbphilharmonie: Iván Fischer dirigiert das Budapest Festival Orchestra
Und in der Bearbeitung von Schumanns Cellokonzert für Viola trat Fischer die Verantwortung dafür, eine spannende Geschichte zu erzählen, weitgehend an Tabea Zimmermann ab. Eine Aufgabe, die sie gewohnt lebendig und packend löste. Kaum jemand sonst lässt die Bratsche so eindringlich sprechen und singen wie sie, mit einer solchen Bandbreite an artikulatorischen Nuancen zwischen rau gekratzten Tönen und geflüsterten Passagen. Im langsamen Satz verschmolz der Klang der Solistin so schön mit dem Orchester, dass sich ein sanfter Wärmestrom in den Saal ergoss. Doch ansonsten blieb das Tutti blass.
Erst nach der Pause kamen die Vorzüge von Fischers unaufgeregtem Dirigat allmählich zum Tragen. In Werken von Debussy und Kurtág, die weniger von emotionaler Hitze als vom Spiel der Farben leben. Vor allem aber im schillernden Finale. Ravels „Daphnis et Chloé“ fährt eine üppige Besetzung auf und umrauscht sein Publikum mit flirrender Sinnlichkeit. Wer hier zu doll auf die Tube drückt, ruiniert die perfekt instrumentierte Pracht.
Iván Fischer lenkte das Geschehen mit klaren Gesten
Da braucht es eine ruhige Hand, die das Stück in die kontrollierte Ekstase führt. Iván Fischer lenkte das Geschehen mit klaren Gesten, er fand die richtige Mischung aus Energiestößen und kleinen Fingerzeigen und lockte seine Budapester auf genau das Luxusniveau, für das sie bekannt sind.
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Ein erstklassiges Orchester, dessen Einzelkönner sich immer geschmeidig ins große Ganze einfügen. Fantastisch etwa, wie delikat der erste Solotrompeter seine Akzente setzt.
Diese Lust am Teamgeist, die über das professionelle Zusammenspiel noch hinausgeht, ist ein großer Trumpf der Truppe. Auch, wenn sie sich in einen Chor verwandelt und der Elbphilharmonie damit eine ungewöhnliche Premiere beschert.