Hamburg. 2020 zeigt das Ausstellungshaus junge deutsche Maler, kritische Fotografen im US-Wahlkampfjahr und eine Weltraumstation.
Hyper – selten hat ein Ausstellungstitel ein ganzes Jahresprogramm so treffend beschrieben wie die von Max Dax kuratierte Schau im Frühjahr 2019. In ihrem 30. Jubiläumsjahr ließen es die Deichtorhallen krachen, ob Lauren Greenfields opulente Luxus-Kritik des neureichen Amerikas, Michael Wolfs „City Life“ oder Paolo Pellegrins berührende Bilder aus den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt.
Zum Schluss sorgten die „Fab Four“ der deutschen Malerei für „Bahnhofsatmosphäre dank 60.000 Besuchern“, so Intendant Dirk Luckow bei der Jahrespressekonferenz: „Es war eine riesige Chance, Gerhard Richter, Georg Baselitz, Anselm Kiefer und Sigmar Polke in Hamburg zu zeigen.“ Mit wahrscheinlich 275.000 Besuchern und einer glatten Null zum neunten Mal in Folge konnten Luckow und der geschäftsführende Direktor Bert Antonius Kaufmann ein Jahr beschließen, das das Zeug zum Rekordhalter hat.
Was kann da noch kommen im Folgejahr – eine nicht allzu abwegige Frage. Und doch haben die Macher auch darauf eine adäquate Antwort gefunden. Nämlich alles ganz anders zu planen. Nach den großen Namen wird im Februar 2020 deutschen Künstlern das Feld freigeräumt, die in den späten 1970er-Jahren geborenen wurden: „Jetzt! Junge Malerei in Deutschland“ ist der Versuch, den aktuellen Stand des Mediums zu bestimmen.
Wie viel Wahres steckt in der Fotografie?
Nach Kunstmuseum Bonn, Museum Wiesbaden und den Kunstsammlungen Chemnitz sind die Deichtorhallen die vierte Station der Wanderausstellung. Aus rund 500 Werken von über 50 Künstlerinnen und Künstlern konnten sich die Hamburger frei bedienen. Einen eigenen Akzent setzt die parallel startende Schau „Quadro“, die die Malerinnen Kerstin Brätsch, Kati Heck, Stefanie Heinze und Laura Link zeigt.
Weiter im Newcomer-Programm geht es mit „Gute Aussichten 2019/2020“. Bereits zum 16. Mal präsentiert das Ausstellungshaus junge deutsche Fotografie; entlang des roten Fadens „Krieg und Frieden in Zeiten globaler Desinformation“ forschen die neun Preisträger nach dem Wahrheitsgehalt von Fotografien, setzen sich mit dem inflationär zur Verfügung stehendem Bildmaterial auseinander.
Wie wichtig es laut Kurator Ingo Taubhorn ist, als Kunstort gesellschaftspolitisch zu reflektieren und dies auch zu visualisieren, zeigen zwei Projekte von amerikanischen Fotografen, die mitten ins US-Wahlkampfjahr fallen: Matt Black, Jahrgang 1970, erkannte auf seiner Reise durch 46 US-Bundesstaaten Armut als Teil des Systems („The Geography of Poverty“); sein 2013 verstorbener Kollege Jeremy Berndt dokumentierte zwischen 1968 und 1980 politische Konflikte, Obdachlosigkeit und die Anti-Vietnam-Bewegung, an der er persönlich beteiligt war. Seine Serien werden in „Beautiful America“ zusammengefasst (beide ab 10. Juli).
Im Sommer wird ein Space Program gestartet
Nach der monumentalen Jubiläumsausstellung wird ab Herbst in der Sammlung Falckenberg eine Solo-Schau der Künstlerin Katharina Sieverding gezeigt. Bekannt wurde die Künstlerin, die auch einen Teil ihrer Laufbahn in Hamburg verbrachte, durch ihr Porträt, das sie filmisch und fotografisch veränderte und vervielfältigte. Ab 1970 entwickelte sie Montagen zur politischen Weltlage, so etwa ihre Fotoarbeit „Schlachtfeld Deutschland“ als Statement zur RAF-Zeit, und die Plakatarbeit „Deutschland wird deutscher“, mit der Sieverding auf die rechtsradikalen Übergriffe nach dem Mauerfall reagierte.
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Ein bewusst niedrigschwelliges Thema, zu dem laut Kaufmann „jeder etwas zu sagen hat“, wird das Jahr 2020 beschließen: „Family Affairs. Familie in der Fotografie“. Doch zuvor wird es noch einmal spektakulär, wenn nämlich der amerikanische Bricolage-Künstler Tom Sachs seine raumgreifende Installation „Space Program 4 – Seltene Erden“ über den Sommer in den Hallen zeigen wird, eine Weltraumstation mit Mission Control Center und Meditationsraum – „super ernst und super ironisch zugleich“, so Intendant Luckow.