Hamburg. Die Ausstellung „Hyper! A Journey Into Art And Music“ erforscht die Wechselbeziehung zwischen den Gattungen Kunst und Musik.

Britney Spears und Madonna beim innigen Kuss auf der Bühne. Der (nicht einstudierte) Höhepunkt der MTV Video Music Awards 2003 – vielfach fotografiert – wirbt in Hamburg aktuell und überlebensgroß als Plakat für die spektakuläre Ausstellung: „Hyper! A Journey Into Art and Music“. Gleich mehrere Künstler haben sich an dem Thema abgearbeitet, so etwa Radenko Milak, der das Kuss-Foto mit Aquarellfarben auf Papier nachmalte. Oder Henning Strassburger, der die Küssenden auf ein Poster bannte und darunter weitere Ausschnitte aus der damaligen Verleihung legte, wie Loops in einem Techno-Musikstück.

„Hyper hat mit Musik zu tun, mit Kunst und mit Hamburg“, erklärte Max Dax (49) bei der Ausstellungseröffnung am Donnerstagvormittag den Titel. Schließlich sei Scooter, die mit „Hyper Hyper“ legendär wurden, nach den ­Beatles die bekannteste Band aus Hamburg, witzelte er und berichtete von einem Schlüsselmoment. Nämlich, als er den Maler Albert Oehlen 2009 nach seiner Inspirationsquelle für dessen Collagekunst fragte und dieser antwortete: „Scooter!’“

Max Dax startete Karriere als Discjockey

So wie Oehlen fragen sich viele Künstler, wie ein Publikum unmittelbar zu überwältigen, ja zu euphorisieren ist, ohne – wie in der Musik jederzeit möglich - das Kunstwerk einfach lauter aufdrehen zu können.

In Gemälden, Videoinstallationen, Skulpturen und natürlich jeder Menge Musik erforscht die Ausstellung die Wechselbeziehung zwischen beiden Gattungen: Was passiert, wenn Musiker sich an Idealen und Strategien aus der Kunstwelt orientieren? Und welche Bilder entstehen, wenn Künstler sich von Musik treiben lassen? Mit „Hyper! A Journey Into Art And Music“ geht die Halle für aktuelle Kunst mit einem großen Aufschlag ins Ausstellungsjahr 2019. Max Dax, der seine Karriere mit 19 Jahren als Discjockey in Kiel startete, gerade als Acid House erfunden wurde, ist kein Unbekannter: Als langjähriger Chefredakteur der Magazine „Spex“ und „Electronic Beats“ traf er unzählige bedeutende Künstler, schrieb somit an der gegenwärtigen Musikgeschichte mit.

Monumentale Fotografien

Auf Einladung der Deichtorhallen kuratierte der Journalist diese Schau. Was Dirk Luckow besonders freut: „Viele der Künstler haben eigens für die Ausstellung Werke erarbeitet. Das spricht für die enge und gute Zusammenarbeit mit Max Dax“, sagte der Intendant der Deichtorhallen.

So zum Beispiel der Berliner Maler und Bildhauer Thomas Scheibitz, der für „Hyper!“ die Gemälde „Apokalypse“ und „Music“ schuf. Die Ausstellung ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert: Denn nicht nur Max Dax hat sein prominentes Adressbuch aktiviert und mit vielen beteiligten Kreativen Gespräche geführt. Auch der renommierte Fotograf Wolfgang Tillmans, der für Musikzeitschriften gearbeitet und das Aufkommen elektronischer Musik dokumentiert hat, stellte 106 seiner Arbeiten „Closer To Music“ aus den Jahren 1983 bis 2018 zur Verfügung, darunter Porträts von Björk und Morrissey.

Ihnen gegenüber stehen die Künstlerporträts der Fotografin An­drea Stappert, etwa von Sarah Morris und Martin Kippenberger. Die monumentalen Fotografien „May Day I“ und „Madonna I“ von Andreas Gursky sind zu sehen. Daniel Richter, Maler und Eigentümer des Plattenlabels Buback, würdigt in „Wutang“ (2000) die von ihm für ihre Rohheit und originellen Aneignungsstrategien sehr geschätzte Hip-Hop-Gruppe Wu-Tang Clan.

Es geht um Starkult, Unikat und Massenprodukt

Und natürlich kommen auch die unvermeidlichen Beatles vor: So ist etwa Rutherford Changs bemerkenswerte Installation „We Buy White Albums“ (2013– 2017) ausgestellt, in der er Hunderte Exem­plare des legendären Beatles-Albums von 1968 wie in einem Plattenladen arrangiert und zum Anhören einlädt. Daneben ist die Arbeit von Rosemarie Trockel gehängt: Die Künstlerin gestaltete aus Blanko-Alben fiktive Plattencover, die kurioserweise bereits von einigen Bands gekauft und so real in Umlauf gebracht wurden.

„Hyper“! ist wie eine Musik- und Kunststadt angelegt, mit dunklen Clubs, in die die Besucher eintauchen können. Britta Thies „Powerbanks“ laden zum Chillen mit Kopfhörer-Musik ein. Man kann den Erzählsträngen folgen, die die Ausstellung in Kapitel wie Starkult, Fankultur, Unikat und Massenprodukt, Farbwelten und Partituren teilt. Oder sich von den Eindrücken treiben lassen. Denn darum geht es letztendlich: sich der Musik und der Kunst hinzugeben. Und, wenn es nach Max Dax geht, nach der Reise als ein veränderter Mensch herauszukommen.

„Hyper! A Journey Into Art And Music“ bis 4.8. in den Deichtorhallen/Haus für aktuelle Kunst (U Steinstraße), Deichtorstr. 1-2, Di–So 11.00–18.00, Eintritt 12,- (erm. 7,-)