Hamburg. Der frühere Intendant des Thalia Theaters führt Regie bei „Gefährliche Liebschaften“. Die Dramaturgin ist eine Überraschung.

Wohl dem, der gute Freunde und Kontakte hat. Bei Ulrich Waller ist beides der Fall. Bevor der künstlerische Leiter des St. Pauli Theaters in Hamburg heimisch wurde, ist der gebürtige Marburger recht viel herumgekommen. Tübingen, Frankfurt am Main und Köln waren Stationen des Intendanten, der nach seiner Zeit an den Hamburger Kammerspielen seit 2003 mit Inhaber und Kaufmann Thomas Collien die Direktion auf St. Pauli bildet.

Eine Verbindung aus Wallers Zeit als junger Regieassistent am Schauspiel Köln beschert der Hansestadt nun ein unverhofftes Comeback eines bereits legendären Theatermachers: Jürgen Flimm, von 1985 bis zum Jahr 2000 Intendant des Thalia Theaters, wird im Frühjahr erstmals am St. Pauli Theater inszenieren. Der 78-Jährige bringt am 27. März „Gefährliche Liebschaften“ von Christopher Hampton heraus. Das gaben Waller und Collien am Montag bekannt, bevor sie 500 Gäste zur Spielzeiteröffnungs-Gala im Saal begrüßten.

Flimm äußerte sich per Video-Botschaft: „Ich habe in Hamburg ungefähr 50 Inszenierungen gemacht. Im Thalia, im Schauspielhaus und in der Staatsoper, aber unglücklicherweise nie am St. Pauli Theater. Ich freue mich auf Hamburg“, sagte Flimm, der jetzt in Wischhafen lebt.

Waller war vor 40 Jahren Flimms Regieassistent

Waller erinnerte an seine Anfänge unter Flimm in Köln vor genau 40 Jahren in der Spielzeit 79/80. „Ich war sein Assistent bei der Spielzeiteröffnung mit dem ,Käthchen von Heilbronn’. Ich habe dann noch ,Ella’ von Herbert Achternbusch inszeniert und war Co-Regisseur bei der deutschen Erstaufführung von ,Mauser’ von Heiner Müller“, sagte der 63-jährige Waller.

„Uns ist ein ziemlicher Coup gelungen, Jürgen Flimm noch mal an ein Hamburger Sprechtheater zu engagieren“, freute sich Thomas Collien über Wallers Geschick. Flimm hatte bis 2018 acht Jahre lang die Intendanz der Berliner Staatsoper inne und leitete zuvor vier Jahre die Salzburger Festspiele.

Martina Gedeck spielt die weibliche Hauptrolle

Sein Wunschstück „Gefährliche Liebschaften“ – in der Dramaturgie fürs St. Pauli Theater von der früheren Abendblatt-Redakteurin Armgard Seegers – hatte Regisseur Stephen Frears 1988 ins Kino gebracht. Wie das Stück basiert der Film auf dem Briefroman von 1782, einem Hauptwerk der französchen Literatur, der in 175 Briefen die Geschichte zweier Intrigen erzählt.

Mit Martina Gedeck (als Merteuil) und Sven-Eric Bechtolf (als Valmont) – er galt am Thalia einst als Flimms Kronprinz – sind die Hauptrollen prominent besetzt.

Ben Becker gibt den Tyrann in „Caligula“

Schauspiel-Prominenz gibt es aber bereits in diesem Herbst zu erleben. Ben Becker etwa, am Spielbudenplatz 29/30 bereits in „Endstation Sehnsucht“ zu sehen, gibt vom 8. bis 13. Oktober den Tyrann in „Caligula“ nach Albert Camus. Die Produktion des Salzburger Landestheaters hat Ex-Thalia-Dramaturg John von Düffel zusammen mit Marike Moiteaux inszeniert. Mit aktuellen Bezügen.

„Der Sohn“, ein Stück von Florian Zeller

Eine Eigenproduktion ist „Der Sohn“ (Premiere: 23.10.) von Florian Zeller. Mit dem Dramatiker pflegt Regisseur Waller eine Freundschaft. Schließlich hatten auf St. Pauli dessen französische Werke „Die Wahrheit“, „Eine Stunde Ruhe“, „Hinter der Fassade“ und „Der Vater“ erfolgreich Premiere gefeiert. „Der Sohn“ ist erneut eine deutschsprachige Erstaufführung. Die Eltern spielen der auch aus Zeller-Stücken bekannte Fernsehliebling Herbert Knaup („Die Kanzlei“) und Johanna Christine Gehlen.

„Heilig Abend“ mit Barbara Auer

Vierte große Produktion der Spielzeit 2019/20 ist „Heilig Abend“, ein brisantes Kammerspiel von Bestsellerautor Daniel Kehlmann, das als Gastspiel im Mai im St. Pauli Theater lief. Vom 18. Januar bis 14. Februar 2020 kommt „Ein Stück für zwei Schauspieler und eine Uhr“, wie es Kehlmann im Untertitel genannt hat, in einer Neu-Inszenierung Wallers und laut Regisseur „in einer absolut idealen Besetzung“ mit Barbara Auer und Johann v. Bülow auf die Bühne.

Zur Gala kam auch Senator Brosda

Was sonst noch kommt 2019/20? Bei der von Schauspieler Stephan Schad moderierten Gala, zu der sich am Montagabend auch Kultursenator Carsten Brosda (SPD) angesagt hatte, gaben Kabarettist Horst Schroth aus seinem 40-Jahres-Best-of „Schlusskurve“ (15./16.9.) und der Heaven Can Wait Chor Kostproben aus ihren neuen Programmen. Der populäre Senioren-Chor unter Leitung Jan-Christof Scheibes ist vom 28. September an bis Dezember mehrmals „Still Alive“ im fast 180 Jahre alten Theater.

Programm: www.st-pauli-theater.de; Karten fin der Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18-32, Ticket-Hotline T. 30 30 98 98