Hamburg. Zu seinem möglichen Wechsel nach Potsdam sagt Direktor Martin Vogtherr nichts. Rose-Schapire-Preis geht an Künstlerin Natalia LL.

Gesagt hat Christoph Martin Vogtherr dazu nichts. Natürlich hat er nichts Konkretes gesagt. Was soll er auch sagen, jetzt, wo ja noch nichts entschieden ist? Vogtherr also kann nichts zu seiner näheren Zukunft sagen, an diesem Donnerstagabend im Werner-Otto-Saal der Kunsthalle. Zwei Tage, nachdem in Hamburg durch einen Abendblatt-Artikel publik wurde, dass der Kunsthallen-Direktor nach zwei Jahren in Hamburg an die Spitze der Potsdamer Schlösserstiftung wechseln möchte. Und knapp drei Wochen, bevor am 1. November die entscheidende Sitzung des Stiftungsrats in Potsdam ansteht, bei der sowohl Vogtherr als auch sein letzter verbliebener Konkurrent, der Berliner Museumsdirektor und Landesarchäologe Matthias Wemhoff, ein letztes Schaulaufen mit ihren Ideen zu absolvieren haben. Danach könnte alles klar sein. Vielleicht. So vertrackt ist jetzt die Lage. Mit der hat Vogtherr sich nun zu arrangieren. Und wohl oder übel abzuwarten.

Immerhin, so viel sagt Vogtherr dann doch, nachdem bei der diesjährigen Verleihung des Rose-Schapire-Preises das offizielle Erinnerungsfoto gemacht ist: Ja, er ist einer der beiden Kandidaten und hat am 1. November einen Termin in Potsdam (dort wollte man vor einigen Tagen nichts und niemanden offiziell bestätigen). Doch ob und was genau am 1. November klarer ist oder auch noch nicht so ganz? Schwierig, entschuldigt er freundlich sein in wenige Worte gefasstes Schweigen. Zu beneiden ist der Museumsdirektor gerade nicht, denn wenig möchte man als Interessent für einen solchen Posten weniger, als vorzeitig genannt und damit womöglich verbrannt zu werden. Deswegen erwähnt er das heikle Thema auch nicht in seinen Würdigungen, weder bei der kleinen Eloge auf die von ihm ausgewählte Preis-Jurorin Agnieszka Morawińska, noch in den Passagen, in denen er über die polnische Künstlerin Natalia Lach-Lachowicz spricht.

Preisträgerin Natalia Lach-Lachowicz (l.) und Agnieszka Morawinska , Jurorin
Preisträgerin Natalia Lach-Lachowicz (l.) und Agnieszka Morawinska , Jurorin © Michael Rauhe

Die Auszeichnung ist mit 20.000 Euro dotiert

„Natalia LL“ erhält den Preis für Gegenwartskunst, der nach einer streitbaren und freisinnigen Kunsthistorikerin benannt ist. Als Dank erhält die Kunsthalle eine ihrer frühen Arbeiten, „Consumer Art“ (1972-75). Dotiert ist die Auszeichnung mit 20.000 Euro; die erste Rede hält Ekkehard Nümann; als Vorsitzender der Freunde der Kunsthalle wäre auch er direkt von einem Wechsel an der Spitze des Hauses betroffen. Doch auch das ist jetzt kein Thema. Jeder weiß das, niemand spricht die Personal-Spekulation direkt an. Der sprichwörtliche Elefant aus Potsdam steht mitten im Hamburger Otto-Werner-Saal. Dieser Elefant ist also gewissermaßen aus Meißener Porzellan.

Auch in der Rede, mit der Isabella Vértes-Schütter an Schapires Wirken erinnert, wird die akut offene Personal-Frage, die Vogtherr auf dem Stuhl neben Vertes-Schütter gerade verkörpert, nicht erwähnt. Sie spricht über Freiheit, Menschenwürde, Kunstfreiheit. Im Polen von 2018 sind das akute Themen. „Den Rose-Schapire-Preis zu verleihen heißt Stellung zu beziehen.“ Vor dem abschließenden Gruppenfoto mit Urkunde berichtet Natalia Lach-Lachowicz selbst von ihrer Karriere und ihren Widersachern. Ein schöner, halbwegs unspektakulärer Pflichttermin für Vogtherr hat sein Ende gefunden. Das Warten, der Countdown bis zur vielleicht spektakulären und folgenreichen Entscheidung in Potsdam, der geht weiter.