Hamburg. Der schwedische Posaunist Nils Landgren und seine Gäste glänzen beim SHMF-Konzert in der Elbphilharmonie.
Ein sanfter Gesang ist zu vernehmen. Dann das helle „pling“ einer Triangel. Eine Flöte erklingt. Auf Zehenspitzen und barfuß schreiten die Musiker der jungen norddeutschen philharmonie und des STEHGREIF.orchesters vom Block E der Elbphilharmonie auf die Bühne. Je dichter sie an ihr Ziel kommen, desto mehr steigert sich die Dynamik der etwa 30 Streicher und Bläser. Sie spielen eine Variation von Leonard Bernsteins „America“.
Vor fast genau 100 Jahren, am 25. August 1918, wurde der große amerikanische Komponist geboren, mit einem Konzert in der Elbphilharmonie ehrt ihn das Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF), das ihm so viel verdankt. Als es 1986 gegründet wurde, war Bernstein einer der entscheidenden Unterstützer und Programmplaner. Ein Jahr später gründete er die SHMF-Orchesterakademie.
Leitung hat Nils Landgren
Die Leitung bei dieser Hommage hat der schwedische Jazz-Posaunist Nils Landgren. Vor zwei Jahren hat Landgren ein Album mit dem Titel „Some Other Time“ herausgebracht, auf dem er sich mit den Songs von Bernstein beschäftigt. „Die ,West Side Story‘ ist für mich das beste Musical überhaupt“, erklärt er nun in einer seiner ausführlichen Ansagen. Entsprechend viele Songs aus dieser modernen Version von „Romeo und Julia“ finden sich im Repertoire des zweieinhalbstündigen Abends.
„Maria“, schon bei der Ankündigung heftig beklatscht, „Somewhere“, „Something’s Coming“ und „One Hand, One Heart“ hat Landgren für Jazzband und Orchester von Vince Mendoza arrangieren lassen. Der ist an diesem Abend zwar nicht dabei, doch Landgren kann ein paar andere hochkarätige Gäste begrüßen – wie zum Beispiel Janis Siegel. Die Amerikanerin gehört zur berühmten Vokalgruppe Manhattan Transfer und war schon bei den Aufnahmen für „Some Other Time“ dabei. Jetzt kann sie in Hamburg zeigen, welch grandiose Sängerin sie immer noch ist.
Siegel hatte einen Heidenspaß
Siegel hat einen Heidenspaß an diesem Abend. Nach der Pause kommt sie ebenfalls barfuß auf die Bühne, was auch Landgren veranlasst, seine Schuhe auszuziehen. Siegel singt mit dem Posaunisten zusammen ein ergreifendes Duett von „Somewhere“, vor allem aber zeigt sie, was sie beim Scatten draufhat. In „Lucky To Be Me“ zieht sie alle Register, und in der nächsten Nummer liefert sie sich mit Landgrens roter Posaune ein wildes Duell, sehr zum Vergnügen des begeisterten Publikums und eines weiteren besonderen Gastes, den Siegel mit nach Hamburg gebracht hat. Im Publikum sitzt Jamie Bernstein, die älteste Tochter des Komponisten und Dirigenten.
Leonard Bernstein hätte wohl Gefallen an den Interpretationen seiner Musical-Songs gefunden, die jungen Orchestermusiker unterstützen Landgren und seine Gäste mit Verve und Enthusiasmus. Zu Landgrens Truppe gehören der Schlagzeuger Wolfgang Haffner, der Pianist Jan Lundgren, Wieland Welzel, Solopauker bei den Berliner Philharmonikern, und die junge Hamburger Jazz-Bassistin Lisa Wulff. Wulff, in ungewohnten High Heels, glänzt bei einigen Soli und zeigt, dass es in Hamburg Jazzmusiker mit allerhöchstem Niveau gibt. Das Publikum applaudiert den Solisten und dem Ensemble frenetisch, die Hommage an Leonard Bernstein gelingt vortrefflich.