Hamburg. Die Belastung des Ensembles soll sinken. Thalia-Intendant Joachim Lux zur Kritik von Schauspieler Jens Harzer.
Der Schauspieler Jens Harzer, engagiert am Thalia Theater, gehört zu den bekanntesten Protagonisten der deutschen Theaterlandschaft. Er ist in Hamburg unter anderem in „Der Schimmelreiter“ und „Cyrano de Bergerac“ zu sehen und hat sich am Sonntag in einer viel beachteten Rede zur Verleihung des Boy-Gobert-Preises offensiv zum „Prinzip Ensemble“ bekannt. Eben das, so Harzer, sei jedoch gefährdet, durch Überforderung und mangelnde Wertschätzung. Er forderte mehr Proben, mehr Geld, weniger Produktionen, mehr Zeit zum Nachdenken.
Thalia-Intendant Joachim Lux, der das auch als Kritik an seiner Führung verstehen musste, reagiert nun in einem Leser-Kommentar auf der Seite des Onlineportals nachtkritik.de, das aus dem Abendblatt-Bericht zur Preisverleihung zitiert hatte.
Joachim Lux reagiert
„Jens Harzer hat vieles angesprochen, was längst angestoßen ist. Das hätte er wissen können, wenn er nicht durch persönliche Umstände gehindert gewesen wäre“, schreibt Lux leicht verschnupft und spielt damit auf den mehrmonatigen, krankheitsbedingten Ausfall seines Schauspielers an, der mittlerweile auf die Bühne zurückkehrte. Auf den Vorwurf der Überbelastung geht Lux in seiner Replik ein: „Die Schauspieler spielen in der Regel nicht mehr als drei Rollen, eine vierte allenfalls in Absprache.“
Für Spitzenbelastungen wie 35 Familienstück-Vorstellungen im Monat gebe es im Gegenzug „wochenlange Freizeiten oder sonstige Kompensationen“. Anders als an anderen Theatern sei die Zahl der Produktionen am Thalia „seit 20 Jahren unverändert und nicht gestiegen“: „Ich überlege dennoch zu reduzieren, um die Belastung zu senken“, räumt Lux ein.
Starker Finanzdruck
Die Schauspielerin Victoria Trauttmansdorff dürfte das freuen: „Für manche ist es schon sehr viel“, stimmt sie Harzer zu. Dessen Rede hat ihr gefallen, sie hat sie mehr „als eine Rede für den Beruf des Schauspielers, nicht so sehr gegen die Leitung des Thalias“ verstanden. Aber auch sie, die seit 1993 dem Thalia-Ensemble angehört, spürt „einen starken Finanzdruck, der mit dem künstlerischen Anspruch des Thalia Theaters kaum kompatibel ist“.
„Das Theater ist ein sozialer Organismus unterschiedlichster Berufsgruppen“, führt Lux aus. „In der Regel setzen Betriebsräte für bestimmte Berufsgruppen Arbeitsbedingungen durch, Künstler aber, also der eigentliche Betriebszweck, sind nicht in ihrem Fokus.“ Diesen Umstand lastet der Intendant auch den Künstlern selbst an: „Die Funktion von Betriebsräten ist zu überprüfen, das Desinteresse der Künstler allerdings ebenfalls.“
Auch eine gestiegene Nachfrage einiger Schauspieler nach Nebentätigkeiten (meist beim Film) macht Lux als ein Problem aus: Die Reduktion auf zwei Rollen pro Spielzeit führe zur „Erosion der Ensembleidee durch das Ensemble selbst und zu Teilzeitbeschäftigung“. Gegen mehr Mitbestimmung wehrt sich der Intendant übrigens nicht. Das Thalia Theater sei – und bleibe – „ein reines Ensembletheater“.