Sie waren im Theater, im Museum, im Konzert. Sie waren begeistert. Oder auch nicht. Die Leser des Abendblatts haben uns ihre Kritiken geschrieben – und so manches anders gesehen als wir selbst.
Ein erbaulicher Shakespeare-Abend mit klassischen Texten? Wer den erwartet hatte, wurde wahrlich enttäuscht. Alle anderen traf der Shakespearesche Sturm mit genialer dramatischer Wucht: Verzweiflung, Wut und Tränen, aber auch Liebe, Lust und Leidenschaft, Komik und Lachen – alles, was Theater bieten kann, war im Überfluss vorhanden.
Zugegeben, nach den ersten fünf Minuten am Sonntagabend dachte ich, die wollen tatsächlich ihren in die Jahre gekommen Abonnenten-Stamm loswerden. Wenn dem eindrucksvollen Josef Ostendorf (Prospero) in der verlogenen Hochzeitsgesellschaft bereits in der ersten Einstellung speiübel wird und der Kameramann das alles auch noch auf die allgegenwärtige Videoleinwand projiziert, ist das wohl nicht nach jedermanns Geschmack. Aber – na wenn schon! Frei nach Artaud muss Theater doch gerade grausam wie die Wirklichkeit sein, ansteckend wie die Pest, es muss Körper und Sprache vom Text trennen, um die eigentliche Message zu transportieren.
Das ist der Regisseurin Maja Kleczewska und ihrem mitreißenden Ensemble wirklich glänzend gelungen. Allen voran der depressiv altersweise Egomane Prospero und die beiden ausgelassenen, lasziv bis ekstatisch-entrückten „Sextouristinnen“ Trinculo und Stephano in Gestalt von Kathrin Wehlisch und Anja Laïs. Um nur die ersten zu nennen, die mir einfallen. Theater wird zu einem multimedialen Spektakel, das die Seh- und Hörgewohnheiten des film- und fernsehgeübten Publikums aufnimmt und in eine dramatische Form gießt. Wenn Karin Beier einen neuen Fan fürs Schauspielhaus sucht, sie hat ihn gefunden. Norbert Münnig
„Der Sturm“, Deutsches Schauspielhaus, Kirchenallee 39. Vorstellungen am 9.3., 8.4., 16.4., 21.4. www.schauspielhaus.de
„Mondrian. Farbe“, Bucerius Kunst Forum
Auch wenn ich mich nicht zu den großen, gebildeten Kunstkennern zähle, hat es mich doch in die Mondrian-Ausstellung des Bucerius Kunst Forums verschlagen. Warum? Das Bild auf dem Plakat, mit dem das Bucerius Kunst Forum für die Ausstellung wirbt, kam mir sehr bekannt vor, ich persönlich fand es wegen seiner Einfachheit und Andersartigkeit interessant und wollte mehr darüber wissen. Hatte der Künstler noch weitere interessante Bilder geschaffen? Sind mir diese eventuell schon einmal „über dem Weg gelaufen“?
Natürlich hätte mich ein Klick zu Wikipedia auch schlauer gemacht, aber es hat eben nicht den gleichen „Zauber des Entdeckens“ einer Ausstellung.
Tatsächlich kann man im Bucerius Kunst Forum Mondrians Bilder ganz für sich selbst entdecken. Immer wenn man denkt, gerade genug gesehen zu haben, muss man nur um die Ecke blicken, und schon steht dort das nächste beeindruckende Bild, zu dem man schnell hinlaufen möchte. Darüber hinaus kann man die Entwicklung des Künstlers in der Ausstellung regelrecht „fühlen“.
Zugegebenermaßen fand ich zunächst die dunklen Landschaftsbilder mit ihren groben Pinselstrichen nicht sehr berauschend. Aber gerade daran erkennt man, dass man sich als Künstler am Anfang beeinflussen lässt und nicht so recht weiß, wo man selbst steht. Die leuchtenden Farben und einfallsreichere Pinselführung in seinen späteren Werken zeigen seine Phase des „Experimentierens“. Das bunte, regelrechte Leuchten seiner Bilder weckte in mir das Interesse, mir auch noch den Rest seiner Bilder ansehen zu wollen. Der „Höhepunkt“ der Mondrian-Ausstellung – so empfand ich es jedenfalls – war das Finden zu sich selber. Er hatte letztendlich seinen eigenen Stil in der Kunstszene gefunden: die abstrakte Malerei. Marisol Perez Hernandez
„Mondrian. Farbe“, Bucerius Kunst Forum,
Rathausmarkt 2. Ausstellung bis zum 11. Mai 2014. www.buceriuskunstforum.de
Gary Numan, Gruenspan
Auf dem Weg durch die Große Freiheit musste man sich erstmal durch eine lange Schlange von Teenies vor der Großen Freiheit 36 kämpfen. Stromae, der belgische Rapper, sollte dort auftreten. Eltern verabschiedeten sich davor von ihren Kindern – und gingen weiter zum Eingang des Gruenspans.
Pünktlich um 20 Uhr ging es los. Ohne Vorband mit einem düster-dramatischen Intro. Toll inszeniert mit Suchscheinwerfern, deren Lichtstrahl durch den Saal flogen. Es gab eine musikalische Reise durch fast alle Alben der letzten 35 Jahre. Die alten Songs in sehr upgedateten, zeitgemäßen Versionen, kein bisschen angestaubt – wie ich es eigentlich befürchtet und erwartet hatte. Schneidige Gitarren, scheppernde Drums, düstere bombastische Keyboardsounds, toll verzerrte Bässe, da passte alles zusammen! Ein Song jagte den nächsten. Kein Gerede oder Ansagen dazwischen. Erst am Ende des Konzerts gab es ein kurzes „Thank you!“
Bei Vergleichen mit Rammstein oder Nine Inch Nails konnte man feststellen, dass Gary Numan den Industrial Rock mit erfunden und weiterentwickelt hat. Er wirkte sehr authentisch, modern und frisch mit dem, was er tat und wie er sich präsentierte. Numan sah fit aus, wie‘n Enddreißiger, wird im März aber schon 56.
Ohne Frage ein sehr gutes, von mir nie und nimmer so erwartetes Konzert! 100 Meter weiter hüpften die Teenies bei Stromae im vollen, ausverkauften Club. Gary Numan werden die nicht kennen. Egal, denn im Gruenspan lief eindeutig das bessere Programm, es war ein wunderbarer Abend auf St. Pauli. Hans Meins
„Wie man fällt, so liebt man“, das kleine Hoftheater, Horn
Wir lieben unser kleines, feines Theater mit den roten Stühlen. Wir sitzen dort gemütlich an unseren Tischen bei Getränken und kleinen Snacks. Die Vorstellung „Wie man fällt, so liebt man“ war wieder mal eine tolle, gelungene Vorstellung! Eine herrlich komische, aber auch berührende Komödie mit Humor und Wortwitz. Vom Engagement aller Mitwirkenden sind wir sehr beeindruckt, die Inszenierungen sind professionell und von hohem Niveau, die Bühnenbilder toll umgesetzt. das kleine hoftheater bereichert das Kulturangebot im Hamburger Osten. Christa und Holger Embruch
Das kleine Hoftheater, Bei der Martinskirche 2, Termine bis 16.3. www.hoftheater.de
„Hedda Gabler“, Thalia Theater
„Dass ich so etwas noch erleben durfte“: Diesen Satz haben wir weniger von Eltern, mehr von Großeltern gehört, wenn es um ganz besondere Ereignisse ging. Dazu gehören heutzutage nicht so sehr Theaterbesuche. Umso erstaunlicher Jan Bosses Version von Henrik Ibsens „Hedda Gabler“ am Thalia. Es öffnet sich ein Vorhang und Stephane Laimés Bühnenbild erscehint: Ein herrschaftlich eingerichteter Raum lässt den Blick auf eine Waldlandschaft frei.
Der Auftritt vom Dienstmädchen Berte (Julian Greis) wirkt wie die Szene aus einem Bilderbuch. Einen optischen Leckerbissen bietet die Hauptdarstellerin Patrycia Ziolkowska als Hedda Gabler, die mit ihrem Kleid (Kostüme: Kathrin Plath) aus einem Gemälde von Gustav Klimt entstiegen zu sein scheint. Unterlegt mit einfühlsamer Musik von einem Streich-Quartett nimmt das Leben, Treiben und Sterben um die Jahrhundertwende seinen Lauf.
Egoismen stoßen aufeinander, und alles wird bös’ enden. Die Situationen kurz vor dem Fin de Siècle sind gar nicht so weit entfernt von der Gegenwart mit Kampf um Jobs, den Immobilienkrisen, von Kreuz- und Querbeziehungen einmal abgesehen. Am Ende der Vorstellung waren die fast drei Stunden wie im Fluge vergangen. Diese „Hedda Gabler“ versöhnt mit vielen Aufführungen am Thalia, die weniger gefielen; ein Gesamtkunstwerk, das man unbedingt erleben sollte. Heinz-Georg Tillack
„Hedda Gabler“, Thalia Theater. Zurzeit sind keine Vorstellungen im Verkauf.
„Mein Freund Harvey“, Ernst-Deutsch-Theater
Zuletzt sahen wir, die 52 Insassen „unseres“ Theaterbusses, den ich betreue, das Stück „Mein Freund Harvey“ im Ernst-Deutsch-Theater. Wir haben gelacht und das Stück kam dank der überragenden Leistung des Schauspielers Volker Lechtenbrink in unserem Bus gut an. Sinnvoll genutzte Frei- und Freudenzeit. Wie anders, Lichtjahre vom Niveau des Ernst-Deutsch-Theaters entfernt: „Don Giovanni. Letzte Party“ im Thalia Theater. Schon auf dem Weg teilte ich dem Bus über Mikrofon meine unmaßgebliche Einschätzung des Stückes mit, das ich noch gar nicht kannte: „Mit Bauchgrimmen hoffe ich inständig, dass die wunderbare Musik von Mozart ein irgendwie geartetes Stück aus dem Feuer reißen wird.“
Es kam anders und wie es kommen musste. Nach der langen Pause verließ ein Viertel des Busses den Theatersaal und wollte ihn nicht mehr betreten. Eine Umfrage im Bus ergab, dass von 52 Businsassen 41 Theaterfreunde es ablehnten, das Thalia Theater noch weiter zu besuchen. Volker Heeren
„Don Giovanni“, Thalia Theater. Vorstellungen am 28.3., 21,4., 27.5., 22.6. www.thalia-theater.de