Pharrell Williams ist der Mann der Stunde im Pop. Heute veröffentlicht er sein neues Album „G I R L“ – und verdeutlicht, dass man 2014 vor allem zu seinen Songs tanzen wird.

Hamburg. Wenn einer einen Hit schreibt, dann schenkt er der Welt ein Lied. Im besten Fall für immer. In der Jetzt-Zeit der verschärften Zirkulationsmöglichkeiten hat der amerikanische Popmusiker Pharrell Williams seinen Song „Happy“ global betanzen lassen: In dem offiziellen 24-Stunden-Videoclip treten auch Stars wie Jamie Foxx, Jimmy Kimmel und Kelly Osbourne auf, auf www.24hoursofhappy.com läuft das Stück in einer Dauerschleife. In der inoffiziellen Version (www.wearehappyfrom.com) grooven die Leute an mehr als 400 Orten – auch in Hamburg.

Man darf also in diesem Fall tatsächlich behaupten, dass „Happy“ überall gehört wird. Pharrell Williams, 40, ist der Mann der Stunde im Pop. Heute erscheint sein neues Album „G I R L“. Es ist erst das zweite unter seinem Namen, denn Williams ist eigentlich der Typ im Hintergrund, der zusammen mit Kompagnon Chad Hugo als Produzentenduo The Neptunes etliche Hits für Superstars wie Madonna, Britney Spears und Beyoncé schrieb. Der Künstler Williams hat ein untrügliches Gespür für Melodien und Refrains, für Dancefloor-Moves und den Groove. Dass er zuletzt wieder einen Grammy als bester Produzent bekam, ist fast schon ein langweiliger Tatbestand – verglichen damit, dass er an den beliebtesten Songs der jüngsten Vergangenheit in erster Reihe beteiligt war: Bei Daft Punks Sommerbombe „Get Lucky“ war er Gastsänger, bei Robin Thickes Nummer-eins-Song „Blurred Lines“ Gastsänger und Produzent.

Und wie das manchmal so ist, wenn es jemand schafft, unsere Aufmerksamkeit zu bekommen, erscheint die Geschichte des Pharrell Williams im Nachhinein als eine noch unwahrscheinlichere. Einer, der zwar als HipHopper mit dem Projekt N.E.R.D. selbst auf der Bühne stand, aber vor allem für andere Sounds und Songs zusammenschraubte, tritt plötzlich ins Rampenlicht. Und das als die Person, die mit ihrer popästhetischen Expertise den Klang des Hier und Heute bestimmt. Zeitgenössischer als Williams, weil populärer und frischer, alte Song-Strategien zu etwas nie verbaucht Klingendem verschmelzend, ist derzeit niemand.

Deshalb ist es für die hochanerkannte, bestens vernetzte Ausnahme-Erscheinung Pharrell Williams nicht schwer, die erste Garde der Popschaffenden auf „G I R L“ zu versammeln, dessen Titel dem Anschein nach unbedingt in Versalien und großzügiger Setzung geschrieben werden muss. Es wirken mit: Justin Timberlake (auf dem umwerfenden „Brand New“), Alicia Keys, Daft Punk, Miley Cyrus. Viel größer geht nicht. Und besser gelaunter als Pharrell Williams geht auch nicht. „G I R L“ ist ein Songreigen, der Wolken vertreibt, so abgedroschen das klingt; der in zehn Versionen den Hedonismus buchstabiert und dabei das feiert, was jeder Kenner feiern sollte: die Girls. Er wolle allen Frauen, die in seinem Leben irgendwann mal eine Rolle gespielt haben, mit dem Album ein Denkmal setzen, hat Williams sinngemäß gesagt. In „Lost Queen“ singt er in Richtung der Angebeten: „I don’t have a problem with multitasking/Taking care of you is my number one passion/Put it before my eyes, you know I’m a smashhit“.

Wem das zu wenig ist, der soll bei The Notwist Asyl suchen: Das ist eher was für den Kopf als für die Beine. Alle andern werden spätestens beim Hören des Albums verstehen, warum manche Pharrell Williams für den neuen Michael Jackson halten und ihm prophezeien, 2014 noch mehr Ruhm abzubekommen als 2013. Man könnte Wetten abschließen, wie viele Singles und Gassenhauer in diesem Jahr für Williams drin sind: „Marilyn Monroe“ und „Brand New“ sind unverschämt eingängige Tanz-Songs, die Soul, Funk und Pop verbinden. Die auf „G I R L“ zu hörenden Streicher-Arrangements entstammen übrigens der Feder Hans Zimmers. Der Mann ist eine Soundtrack-Legende in Hollywood, und dass Williams eine Einladung zur Oscar-Verleihung hatte, ist nur konsequent: Da gehören Wunderkinder hin.

Der Vergleich mit Jackson rührt nur zum einen von der Ähnlichkeit des Gesangs oder des Soundentwurfs. Zum anderen ist Williams wie Jackson ein Visionär und Schöpfer, der Popmusik noch einmal so klingen lassen kann, als sie vollkommen neu desgnt und eben erst erfunden worden - was sie natürlich nie ist. Die smoothen Beats des Pharrell Williams werden also 2014 allgegenwärtig sein. Was das bedeutet? Zum Beispiel, dass wir fröhlich sind und mit der Hüfte wippen.

Es gibt schlimmere Perspektiven.

Pharrell Williams: „G I R L“ (Sony Music)