Heinz Canibol und Roman Rybnikar, die Gründer des Labels 105music, haben ihre Anteile an die Sony in München verkauft und setzen sich nach elf prächtigen Jahren zur Ruhe.

Hamburg Elf Jahre und drei Monate. Diese präzise Zeitangabe lässt sich Heinz Canibol in Gesprächen dieser Tage wiederholt auf der Zunge zergehen. Nach elf Jahren und drei Monaten, zum 31. März 2014, haben er und sein Partner Roman Rybnikar ihre Büroräume im vierten Stock eines Altbaus in der Neustadt gekündigt. Ihre gemeinsam mit Sony Music am 1. Januar 2003 in die Welt gesetzte Firma 105music, das kleine, eminent erfolgreiche Label für deutschsprachige Musik von Chanson über Poprock bis Jazz, wirtschaftliche Kinderstube und Heimat von Annett Louisan, Ina Müller, Stefan Gwildis, Anna Depenbusch und noch ein paar anderen norddeutschen Koryphäen der Unterhaltungsmusik für Erwachsene, wird es dann in Hamburg nicht mehr geben.

Canibol und Rybnikar haben ihren 50-Prozent-Anteil an Sony verkauft, die somit alleinige Inhaberin ist. Das Label wird in München weitergeführt, der Name soll bestehen bleiben. 105music wird administrativ als „neue Unit“ (Canibol) der Ariola, deutschsprachiges Repertoire, zugeordnet, neben der wiederbelebten RCA mit Künstlern wie Peter Maffay oder Heinz Rudolf Kunze.

Die beiden Firmenchefs sehen angesichts ihres nahenden Ruhestands dermaßen aufgeräumt und entspannt aus, dass sich der Argwohn, ihr Major-Partner habe sie gedrängt, ihnen aber die Chance geben wollen, ihr Gesicht zu wahren und das Ende als Abschied auf eigenen Wunsch zu verkaufen, sofort verflüchtigt. „Wir haben uns in der Tat aus freien Stücken entschieden, aufzuhören“, sagt Canibol. „Aber auch mit dem Wissen um die Situation der Branche. Wir wollten nicht erleben, dass am Ende dieser Karriere jemand aus München kommt und sagt: Ist okay, Jungs, in zwei Wochen machen wir hier zu.“

Die Karrieren beider Musikmanager – Rybnikar, 66, war bei der EMI, Canibol, 62, bei mehreren Major-Plattenfirmen von der CBS bis zur MCA – währten ja schon vor der Gründung von 105music vor elf Jahren und drei Monaten sehr, sehr viele Jahre. So viele, dass deren Summe mitsamt der Branchenjahre ihres kleinen Teams den Namen des Labels abgab. 105 Jahre Musikgeschäft hatten alle Beteiligten zusammen da schon auf dem Buckel.

Nach Art umsichtiger, verantwortungsvoller Kaufleute haben Canibol und Rybnikar ihren Ausstieg bei 105music – beide sprechen stets von „one o five“ – sorgfältig vorbereitet und geplant. Schon im vergangenen Juli hatten sie die Nachricht schonend ihren Künstlern beigebracht. „Die waren nicht erfreut“, sagt Roman Rybnikar. „Wir haben ja eine spezielle Nähe zu unseren Künstlern, bei uns geht es sehr familiär zu. Aber es hat seitdem viele Gespräche gegeben, alle haben ihre neuen Partner intensiv kennengelernt, man fremdelt nicht mehr. Ich habe den Eindruck, dass dieser Übergang den Künstlern, den Sony-Kollegen und uns sehr gut gelungen ist.“

Auch nach dem 31. März, wenn das bescheidene Firmenschild aus dem Klingelbrett des Hauses am Hopfensack rausgepult sein wird, bleiben die beiden Gründer ihrem bayerischen Exil-Baby 105music noch ein weiteres Jahr als „beratende Begleiter“ erhalten, von zu Hause aus. Canibol: „Um sowohl den Künstlern als auch den neuen Sony-Kollegen zur Verfügung zu stehen, wenn da Fragezeichen auftauchen oder Probleme gelöst werden müssen.“

105music begann als eine Art Start up zweier alter Branchenhasen. Dass sie nahezu vom Fleck weg derart erfolgreich sein würden, war ihnen zuzutrauen, aber nicht vorauszuberechnen. 2004 gelang ihnen mit Annett Louisan, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bühnenjubiläum feiert, der erste große Coup. Stefan Gwildis mit seinem deutschen Soul folgte bald, wenig später die Queen of Platt und mittlerweile Queen of Konzertarenen, Ina Müller.

Fürs echte Altenteil sind Heinz Canibol und Roman Rybnikar trotz Rückzug noch zu jung. Canibol will sich mehr der Kommunalpolitik widmen, stellvertretender Bürgermeister von Köthel, einem Dorf hinter Trittau, der er ist, und mehr Liebhabersendungen für das Internetradio „Pop Stop“ moderieren. Rybnikar möchte reisen und seiner Leidenschaft für die Architektur und die Kunst frönen. Wie golden der Handschlag war, den beide mit dem Major in München tauschten, wollen sie nicht sagen. „Aber es ist nicht so, dass wir beide morgen nach Rio umziehen.“