Preise für seine Komödie “Soul Kitchen“ und Shirin Neshats “Women without Men“ - der “Goldene Löwe“ geht nach Israel.
Venedig. Es gehört schon Mut dazu, eine Einladung nach Cannes, dem wichtigsten Filmfestival der Welt, abzusagen. Fatih Akin hat's getan. Er gab an, dass sein Film "Soul Kitchen" einfach noch nicht fertig sei. Stattdessen hat er ihn nun auf dem Filmfestival von Venedig gezeigt. Er wurde Sonnabend mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet.
Akins Erfolgsgeschichte wird damit um ein weiteres Kapitel reicher. Mit "Gegen die Wand" gewann er vor fünf Jahren erst den Goldenen Bären in Berlin, dann sahnte er beim Deutschen und Europäischen Filmpreis ab. Mit "Auf der anderen Seite" gewann er vor zwei Jahren in Cannes den Preis für das beste Drehbuch, auch danach folgten Auszeichnungen beim Deutschen Filmpreis und Europäischen Filmpreis. Gut möglich, dass auch "Soul Kitchen" nun die Preisrunde macht.
Es war auch sonst ein großer Abend für den deutschen Film. Denn der Preis für die beste Regie ging an Shiran Neshat für ihren Film "Women without Men". Der Film ist zwar in Marokko auf Farsi gedreht, und es stecken auch französische und österreichische Gelder darin. Dennoch ging er als zweiter deutscher Beitrag in den Wettbewerb am Lido (während der deutsche Regisseur Werner Herzog mit zwei US-Titeln im Rennen war). Das hatte es seit 2002 nicht mehr gegeben. Dass beide ausgezeichnet wurden, kommt einer Sensation gleich. Der Film handelt vom (von Briten und Amerikanern unterstützten) Putsch im Iran 1953, mit dem der Schah wieder an die Macht kam und die kurze Zeit der Demokratie beendete.
Die Jury unter dem Präsidenten Ang Lee hatte es nicht leicht in diesem Jahr. Venedig sucht sein Profil, seit Marco Müller Festivalchef ist, übers Genrekino zu definieren, auch wenn das in dieser Fülle oft beliebig wirkt. Es lief auf diesem Festival auch Oliver Stones Dokumentation über Hugo Chávez, es liefen die US-Satiren "The Informant"!" von Steven Soderbergh und "The Men who stares at Goats" mit George Clooney.
Und Hana Makhmalbaf gelang es in "Ruzhaye sabz" mit geringsten Mitteln, die jüngsten Proteste im Iran filmisch festzuhalten. Alle außer Konkurrenz, Makhmalbaf gar nur in der Nebensektion Orizzonti. Das waren die Filme, über die man sprach und diskutierte am Lido. Das Auswahlkomitee in Venedig gehört, man verzeihe das starke Wort, in die Bleikammern. Die Jury hat den Goldenen Löwen mutig dem konsequentesten aller Filme vermacht: dem israelischen Beitrag "Lebanon" von Samuel Maoz. Dieser Film, ebenfalls mit deutschen Koproduktionsgeldern finanziert, spielt in einem Panzer, in dem vier blutjunge Soldaten sitzen, die noch nie in einem Gefecht waren und am ersten Tag des ersten Libanonkrieges von der Situation vollkommen überfordert sind.
Es ist ein zutiefst autobiogafisches Werk. Maoz selbst war seinerzeit selbst Schütze in einem Panzer. 25 Jahre lang konnte er nicht über die Ereignisse reden, bis er das Drehbuch schrieb. Die Berlinale kann sich jetzt ärgern. Denn dort, so hörte man, soll "Lebanon" sich zuvor auch schon beworben haben. Manchmal aber, das zeigt jetzt wieder das Beispiel "Soul Kitchen", lohnt es sich, auf ein späteres Festival zu warten.