Die Anhörung in Brüssel zum Thema Bücher im Internet und die Frage nach den Urheberrechten blieb ohne konkretes Ergebnis.
Brüssel. Zwei Tage lang haben sich Verleger, Buchhändler, Rechtsexperten und Emissäre des Internet-Giganten Google die Klinken des Brüsseler Berlaymont-Gebäudes in die Hände gegeben. Am Ende der Anhörungen in der EU-Kommission standen dann doch nur Absichtserklärungen, signalisierte Kompromissbereitschaft und angedachte Rechtsreformen.
Kein Wunder, schließlich fand das Treffen zu einem Mammutprojekt statt: der weltweiten Digitalisierung von Büchern durch Google. Tausende Werke hat die Suchmaschine bereits in den USA digitalisiert, die jederzeit abrufbar sind.
Kein Autor wurde oder wird nach seinem Einverständnis gefragt. Ganz verfügbar sind nur Bücher, deren Urheberrecht ausgelaufen ist oder nicht mehr geklärt werden kann. In Europa will Google nur Bücher scannen, die älter als 150 Jahre sind und deren Rechte damit frei sind. Allerdings sind auch neue deutsche Bücher längst in der Google Library verfügbar. Sie wurden vermutlich in den USA erfasst, sind aber ohne Hindernisse über die deutsche "Google Bücher"-Seite erreichbar. Einzelne Seiten werden bei diesen urheberrechtlich bedenklichen Fällen nicht dargestellt. Google lässt inzwischen in den Universitätsbibliotheken von Gent und Oxford sowie in der Bayerischen Staatsbibliothek scannen.
Das Problem droht inzwischen, den gesamten Kulturbetrieb umzuwälzen, sodass nun auch die erheblichen Unterschiede im Urheberrecht der einzelnen Mitgliedstaaten kein Hindernis mehr für ein Treffen waren. Auf Drängen vor allem Deutschlands berief die EU-Kommission für diese Woche ein Treffen ein, um die Positionen der beteiligten Akteure zu hören. Sie fallen sehr unterschiedlich aus. Google steckt sich die Feder an den Hut, das literarische Welterbe vor Vergessen und Verfall zu retten. Auch der Ansatz der Brüsseler Kommissare Viviane Reding (Medien) und Charlie McCree- vy (Binnenmarkt) geht in diese Richtung. Öffentliche Partnerschaften wie die mit Google seien "Mittel, um die Digitalisierung von Büchern voranzutreiben".
Auf der anderen Seite stehen Autoren, Verleger und Juristen, die sich um den Schutz geistigen Eigentums sorgen - und eine Monopolstellung von Google befürchten. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) wirft Google "schlicht rechtswidriges" Verhalten vor. "Google sagt: Wir scannen erstmal, schaffen Fakten, und wenn es einen Urheber stört, dann kann er sich ja melden", sagte sie den "Stuttgarter Nachrichten". Im Moment sei die Nutzung kostenfrei, aber das könne sich ändern.
In den USA sind die Gerichte in der Rechtsfrage weiter. Dort einigte man sich im Herbst 2008 auf das sogenannte Google Book Settlement. Mit dem Vergleich würde Google den Autoren mit Urheberrecht für jedes schon digitalisierte Buch umgerechnet 41 Euro zahlen. Außerdem sollen die Verfasser künftig aus einem Fonds zwei Drittel der Erlöse aus dem digitalen Vertrieb ausgezahlt bekommen.
Das Angebot von Google ist aber noch nicht genehmigt, ein New Yorker Gericht entscheidet Anfang Oktober über die vielen eingereichten Widersprüche, die auch vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Bundesregierung kommen. Die Entscheidung gilt zunächst nur für den US-Markt, es gibt Signale aus der EU, sich komplett zu verweigern.
Die Frist für den Widerspruch gegen den von Google angebotenen Vergleich mit den Autoren- und Verlegerverbänden der USA endete gestern. Dass die EU-Kommission just zum gleichen Datum überhaupt erst eine Anhörung machte, spricht Bände über die Chancen, möglichst bald eine Lösung zu finden. Es überrascht auch kaum, dass Medien-Kommissarin Reding nach Abschluss der Anhörungen gestern unterstrich, das Google Book Settlement sei "eine interessante, pragmatische Lösung". Am Ende machen die Mitgliedstaaten aber nicht mit: Neben Deutschland schwenkte auch Frankreich auf eine harte Linie gegenüber Google ein. Ein Sprecher Googles lenkte schon ein: Man wolle auf die Bedenken eingehen.