Die Fahrzeuge mit den Kameras lichten Wohnhäuser und Menschen ab. In Hamburg und im Umland protestieren Bürger und Datenschützer.
Hamburg. Bis zu 100 Google-Autos mit aufmontierten Spezialkameras kurven zurzeit durch Hamburg und den Norden. Ihr Einsatz ist umstritten. Neben der Verletzung von Privatsphäre und Persönlichkeitsrechten befürchten Kritiker auch, dass Ganoven neue Einbruchsziele ausspionieren oder Voyeure ihre Lust befriedigen könnten. Nach Angaben von Google Deutschland werden derzeit in Niedersachsen die Städte Braunschweig, Göttingen, Hildesheim, Wolfsburg und Hannover abgelichtet. In Schleswig-Holstein werden Kiel und Lübeck fotografiert, in Mecklenburg-Vorpommern Rostock und Schwerin, außerdem Bremen und Bremerhaven. Wann "Street View" diese Bilder im Internet startet, steht noch nicht fest.
Während die Kameraautos in England bereits aus Dörfern verjagt wurden, regt sich auch in Hamburg und im Umland Widerstand gegen den geplanten Internetdienst von Google Maps. So bezeichnete die Norderstedter Linke die Aufnahmen von "Street View" als "unzumutbaren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte". Viele Bürger wüssten gar nicht, dass ihre Häuser demnächst detailgetreu im Internet zu sehen sein würden, sagt Fraktionschef Miro Berbig. Schleswig-Holsteins Datenschutzexperte Thilo Weichert hatte 2008 bereits versucht, die Kameraautos gar nicht erst ans Werk gehen zu lassen. Allerdings ohne Erfolg: Ein vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtags Kiel angefertigtes Gutachten zeigte damals auf, dass ein generelles Verbot nicht möglich sei. "Die Anforderungen an ein rechtmäßiges Erstellen und Veröffentlichen von digitalen Straßenansichten im Internet" würden jedoch "nicht vollständig erfüllt", sagte Datenschutzexperte Weichert vor Kurzem gegenüber der "taz". Er weist daher auf die Möglichkeit hin, direkt bei der deutschen Google-Niederlassung in Hamburg Widerspruch einzulegen (siehe Kasten rechts). Sollte Google den Wünschen der Betroffenen nicht nachkommen, Gesichter, Kennzeichen oder Hausnummern zu pixeln, würde er einschreiten. Verstöße gegen die Datenschutzregeln könnten mit bis zu 250 000 Euro geahndet werden, sagte der streitbare Datenschützer nach Angaben der Zeitung.
Nicht nur bei Politikern und Datenschützern, auch bei den Bürgern sorgt "Street View" für Wirbel. Sie seien durch den Anblick der Google-Autos mit aufmontierten Spezialkameras "verunsichert und verärgert", bestätigt etwa Monika Weichsel. Als zuständige Referentin beim niedersächsischen Datenschutzbeauftragten Joachim Vahlbrink hat sie bereits viele Beschwerde-Anrufe erhalten.
Google rechtfertigt sein Vorgehen. "Die fotorealistischen Abbildungen von Straßenzügen und Städten sollen zu virtuellen Stadtbesichtigungen einladen", sagt Unternehmenssprecher Kay Oberbeck. Wer etwa in eine neue Stadt zöge, könne sich bereits im Vorfeld informieren. Außerdem gebe der Dienst nützliche Hinweise etwa auf Verkehrsanbindungen und die Lage von Schulen, Kinos und Geschäften. Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Erst kürzlich hätten sich Rettungskräfte bei Erdbeben und Buschbränden anhand von "Street View" über die Lage von Orten und Gebäuden informiert.