In der Heimat des Nazi-Trios kamen 40.000 Zuschauer zum Konzert von Lindenberg, Maffay, Clueso, Silly – und SPD-“Pop-Beauftragter“ Gabriel.
Jena. Der Himmel hatte ein Einsehen, als am Freitag um kurz nach 16.00 Uhr das Spontanfestival „Rock'n'Roll Arena in Jena - für eine bunte Republik Deutschland“ begann. „Wir sind 50.000, aber in Gedanken fünf Millionen“, rief Udo Lindenberg zu Beginn des Konzerts in die Menge. Ein Zeichen wolle er setzen, gegen rechte Gewalt, gegen den Image-Schaden, der durch die Taten der rechtsextremen Terrorzelle aus Jena, Thüringen und Sachsen nicht nur in der Saale-Stadt entstanden ist. „Der Kampf für unsere Demokratie muss weiter gehen, auch nach dem Konzert. Seid wachsam, auch in den Dörfern, in kleinen Orten“, rief der Alt-Rocker immer wieder von der Bühne herunter.
Lindenberg hatte gemeinsam mit seinem alten Weggefährten, dem Parteivorsitzenden der SPD, Siegmar Gabriel vor knapp zwei Wochen die Idee zu dem Konzert. Und alle waren ihrem Rufen gefolgt: Künstler wie Peter Maffay, Julia Neigel, der Erfurter Clueso und Silly hatten spontan ihr Kommen und ihre Unterstützung erklärt. Alle Künstler verzichteten auf ihre Gage.
Verbot der NPD gefordert
Von der politischen Bühne sprachen neben Gabriel Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin und Bodo Ramelow, Fraktionschef der Linken im Landtag Thüringens. „Ich fordere das Verbot der NPD jetzt“, sagte Trittin zum Auftakt. Die Redezeit der Nichtmusiker auf der Bühne war begrenzt, was für Jubel unter den Zuschauern sorgte. „Ich bin wegen Udo hier, aber auch, weil ich ein Zeichen setzen will“, sagt Maria aus Zeulenroda, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will.
„Ich finde es total gut, dass so schnell so ein Event organisiert wurde. Ich bin hier um Gesicht zu zeigen“, meint Klara aus Jena, die sich vor allem auf den Auftritt von Peter Maffay freute. Der reckte zuerst beide Hände in die Höhe und zeigte aus Zeigefinger und Daumen geformt ein Herzzeichen. „Hier sind viele, und die vielen müssen sich zusammenschließen gegen rechte Gewalt, gegen Radikalität“, sagte er von der Bühne zu seinem Publikum ehe unter tosendem Beifall die Musik begann.
Den Musikern folgten immer wieder Redebeiträge. Unter anderem sprachen Arno Köster von Rock gegen rechte Gewalt und Uli Häuser von der Initiative „Mut gegen rechte Gewalt“, die das Konzert als Partner unterstützte: „Wir wollen zeigen: Der Osten ist nicht braun“, so die Botschaft der beiden.
Pfarrer König mahnt Zuschauer zur Aufmerksamkeit
Lothar König, der Pfarrer der Jungen Gemeinde Jena und seit vielen Jahren engagiert gegen rechte Gewalt, mahnte die Zuschauer zu Aufmerksamkeit und bat die Politik um Ehrlichkeit bei der Aufklärung der jüngsten Verbrechen des rechtsradikalen Netzwerkes. Schließlich sorgte Udo Lindenberg mit seinem Panikorchester für Gänsehaut beim Song „Wozu sind Kriege da“. Ebenso begeistert reagierte das Publikum bei Cluesos Worten: „Für meine Generation ist Osten eine Himmelsrichtung. Es ist egal, wo man herkommt und wir kämpfen gemeinsam gegen jede Art von rechte Gewalt.“
Mehrere Hundertschaften der Polizei waren seit 10.00 Uhr am morgen unterwegs, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren. „Wir haben keinerlei Störungen oder Auseinandersetzungen. Alles war ruhig“, sagt Steffi Kopp von der Einsatzzentrale der Polizei.
320.000 Euro kostete das Festival, das Land Thüringen beteiligt sich mit 75.000 Euro, den größten Teil trägt die Stadt Jena. Deren Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD) ist stolz und dankbar, dass ein solches Zeichen gesetzt wurde. „Rechtsextremismus darf keine Chance in unserer Demokratie haben, auch deshalb gibt es dieses Konzert. Wir werden den Imageverlust nicht hinnehmen und zeigen am heutigen Abend: Das ist Jena. Die bunte Stadt in der bunten Republik Deutschland.“